Matthew Read
28. Februar 2025

Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Der Ausgangspunkt der Volksrepublik (1580 – 1921)
- Der Beginn der »allgemeinen demokratischen Phase« (1921 – 1928)
- Der Kampf gegen den Lamaismus und den japanischen Imperialismus (1928 – 1940)
- Der Aufbau des Sozialismus in der Mongolei (1940 – 1960)
- Integration in den RGW (1960 – 1990)
- Die Mongolei und die Strategie der »nichtkapitalistischen Entwicklung« in Afrika und Asien
Einführung
Die 1924 gegründete Mongolische Volksrepublik war nach der Sowjetunion der zweite Staat, in dem die arbeitenden Massen ihren ehemaligen Ausbeutern die Macht entrissen und sich an den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft machten. Dennoch war die Mongolei in praktisch jeder Hinsicht noch unterentwickelter als ihr sowjetischer Nachbar im Norden. Das arbeitende Volk war mit der brutalen Feudalherrschaft sowohl des mongolischen Adels als auch der chinesischen Besatzer konfrontiert. Nach der Revolution von 1921 führte die Mongolische Revolutionäre Volkspartei das Land von einer rückständigen feudal-theokratischen Gesellschaft durch eine Phase der demokratischen Transformation hin zu einer agrarindustriellen sozialistischen Wirtschaft. Nach und nach und trotz vieler Rückschläge und Herausforderungen wurden die ehemaligen Leibeigenen aus dem Elend befreit und konnten ihren Lebensstandard massiv verbessern. Bildungs- und Gesundheitsindikatoren bestätigten dies: Die Mongolei war das erste Land in Asien, das die allgemeine Lese- und Schreibfähigkeit errang und die Lebenserwartung war durchweg höher als in ähnlichen Ländern wie etwa Indien und Nepal.
Die mongolische Erfahrung war insofern einzigartig, als das Land die kapitalistische Entwicklungsphase vollständig umging. Die Volksrepubliken in Osteuropa hatten vor ihrer sozialistischen Periode alle eine kapitalistische Entwicklungsphase durchlaufen. Auch Sowjetrussland hatte dies bis zu einem gewissen Grad getan. Doch in der Mongolei und den zentralasiatischen Sowjetrepubliken wurde ein völlig neuer Weg der so genannten »nichtkapitalistischen Entwicklung« eingeschlagen. In den 1960er und 1970er Jahren begannen marxistisch-leninistische Theoretiker, sich mit den Erfahrungen der Mongolei zu befassen, in der Überzeugung, dass sich aus dieser Geschichte Entwicklungsstrategien für die ehemaligen Kolonien in Afrika und Asien ableiten ließen. Die Wirtschaft und die sozialen Strukturen dieser neuen unabhängigen Staaten waren durch koloniale Herrschaft und Ausbeutung erheblich deformiert worden. Könnten auch sie den Kapitalismus überwinden und den Weg zum Sozialismus einschlagen, wie es die Mongolei getan hatte?
Dieser Artikel gibt einen groben Überblick über die revolutionäre Periode der Mongolei und zeichnet die Entwicklungsstrategien der mongolischen Marxisten nach 1921 nach. Der Schwerpunkt liegt vor allem auf der frühen »allgemeinen demokratischen Phase« (1921 – 1940), in der die Hauptaufgabe darin bestand, die Macht der einheimischen Feudalklassen zurückzudrängen und der imperialistischen Aggression von außen zu widerstehen. Diese ersten Jahrzehnte stellten die komplizierteste und entscheidendste Periode der mongolischen Revolution dar. Der Artikel untersucht dann, wie die Mongolei ein einheitliches sozialistisches Planungssystem aufbaute und sich in die sozialistische Weltwirtschaft integrierte. In der Schlussfolgerung wird die Rolle der Mongolei in der sozialistischen Forschung zur »nichtkapitalistischen Entwicklung« kritisch beleuchtet.
Unsere Recherche stützt sich auf die Arbeiten mongolischer und osteuropäischer Wissenschaftler sowie auf Statistiken westlicher Historiker. Besonders hilfreich waren die Diskussionen auf einer internationalen wissenschaftlichen Konferenz, die 1975 in Berlin stattfand und an der Wissenschaftler aus sieben sozialistischen Staaten teilnahmen. Wir haben auch den ehemaligen stellvertretenden Premierminister der Mongolei (2012 – 2014), Dendev Terbishdagva, interviewt, der als einer von Hunderten junger Mongolen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) studierte. Seine Ansichten über die Entwicklung und die Herausforderungen der Mongolei halfen uns, das Erbe der sozialistischen Zeit zu bewerten.
Der Ausgangspunkt der Volksrepublik (1580 – 1921)
Um die Bedeutung der sozialistischen Periode zu verstehen, ist es notwendig, die Situation in der Mongolei vor der Revolution zu kennen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die mongolische Gesellschaft von einer weltlichen und religiösen Aristokratie beherrscht, die ihren Reichtum durch die Ausbeutung der »Araten«, der mongolischen Hirtennomaden, anhäufte. Die Araten machten über 90 Prozent der Bevölkerung aus, besaßen jedoch nur die Hälfte des Viehbestands des Landes. Der Rest befand sich in den Händen des Adels, der vor der Revolution von 1921 nur 7,8 Prozent der Bevölkerung ausmachte. Die Araten waren von den Feudalherren abhängig und ihnen unterworfen; sie mussten Tribut in Form von Naturalsteuern, Zwangsarbeit oder Leibeigenschaft zahlen.

Während die Feudalherren aus der Ära Dschingis Khans (1162 – 1227) stammten, war die mongolische Aristokratie schon lange keine mächtige Kraft mehr in Asien. Ende des 14. Jahrhunderts hatte die Ming-Dynastie die Versuche der Mongolen, China wieder zu unterwerfen, endgültig zurückgeschlagen, und die Mongolei erlebte eine lange Zeit des Zerfalls, in der die Adligen untereinander um die Kontrolle kämpften. In diesem Kontext der feudalen Zersplitterung und des Chaos musste die mongolische Aristokratie einen ideologischen Rahmen finden, der ihre Ausbeutung der Araten verstärken konnte. Sie fanden eine Lösung im tibetischen Lamaismus:
»Es waren […] in erster Linie die herrschenden Schichten, die die Einführung des Lamaismus betrieben. Die gesamte gesellschaftliche und politische Situation in der Mongolei des 16. Jh. ließ den Boden für die neue Religion fruchtbar erscheinen. Das Land war durch die langen Kriege und politischen Wirren in eine große Zahl von Fürstentümer aufgesplittert, es bestand keine wirtschaftliche und politische Einheit, Land und Leute waren völlig verarmt. Die herrschenden Schichten versuchten Einfluß und Macht über das Volk zu verstärken, und dafür bildete die Religion gerade in der im feudalen Tibet entwickelten und erprobten Form des Lamaismus das geeignete Mittel, um über die Ideologie auf das Volk einzuwirken. Der ursprüngliche Schamanismus, der in der Vorklassengesellschaft wurzelte, konnte nicht zu einem wirksamen ideologischen Machtfaktor in der feudalen Mongolei werden und mußte deshalb durch eine den sozialökonomischen Verhältnissen angepasste Religionsform ersetzt werden.«1W. König, “Mongolei”, Museum für Völkerkunde zu Leipzig, Leipzig, 1967, pg. 75.
Da der Schamanismus in einer kommunalen Gesellschaft entstand, in der die sozialen Strukturen relativ egalitär waren und auf verwandtschaftlichen Bindungen beruhten, war er eine dezentrale und relativ unorganisierte Form der Religion. Der Lamaismus, der sich in Tibet entwickelt hatte, förderte dagegen hierarchische klösterliche Institutionen und die Idee einer göttlich verordneten sozialen Hierarchie. Er war daher besser geeignet, die Herrschaft des Adels über die Araten zu legitimieren.
Die mongolische Aristokratie begann, den tibetischen Lamaismus zu importieren und an die mongolischen Traditionen anzupassen. Die ersten Klöster wurden in den 1580er Jahren errichtet und von den weltlichen Adligen großzügig subventioniert. Die Klöster erhielten Land und Vieh und wurden mit »Shabinar« (Dienerfamilien) beschenkt. Um die Araten zu ermutigen, die neue Religion anzunehmen, gewährten die Adligen denjenigen, die die Klosterschulen besuchten, Privilegien: Lamas wurden vom Militärdienst und von Steuern befreit und erhielten manchmal sogar Vieh als Belohnung. Der Lamaismus trug dazu bei, die fortgesetzte Herrschaft der Feudalherren zu legitimieren, beseitigte aber nicht die internen Kämpfe innerhalb der herrschenden Klasse. Die anhaltende Zersplitterung des Landes ermöglichte es schließlich der Qing-Dynastie der Mandschu, die in China die Herrschaft übernommen hatte (1644 – 1911), den größten Teil der Mongolei zu Beginn des 17. Jahrhunderts zu unterwerfen.
Mit der erfolgreichen Verankerung des Lamaismus und der Einführung des mandschurischen Feudalrechts in der Mongolei waren die Araten nun einer doppelten Ausbeutung ausgesetzt: durch die ausländischen Qing-Herrscher und durch die weltlichen und religiösen mongolischen Fürsten. So gerieten die Araten in zwei Jahrhunderte der Entbehrung und Fremdherrschaft, die Bevölkerungszahl sank im Laufe der Zeit immer weiter. Diese Situation führte zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu großen Unruhen. Inspiriert von der chinesischen Revolution von 1911 entwickelten sich diese Aufstände zu einer breiten nationalen Befreiungsbewegung. Ein gewisses Maß an nationaler Autonomie wurde 1915 wiedererlangt, nachdem ein Abkommen zwischen Russland, der neuen Republik China und dem Oberhaupt der lamaistischen Kirche in der Mongolei, Bogd Khan, geschlossen worden war. Dieses neue Bogd-Khanat blieb unter starkem chinesischem Einfluss und wurde schließlich 1919 gestürzt, als China erneut in das Land einmarschierte.
Die mongolische Nationalbewegung sammelte ihre Kräfte neu und gründete – diesmal inspiriert durch den Erfolg der Bolschewiki während der Oktoberrevolution 1917 – im Juni 1920 die Mongolische Volkspartei (MVP). Die neue Partei war nach demokratisch-zentralistischen Prinzipien organisiert und forderte in ihrem ersten Programm ein Ende der Fremdherrschaft und der Ausbeutung der Araten. Zu diesem Zeitpunkt war die MVP eine pluralistische Partei, die durch den Kampf für die nationale Befreiung zusammengehalten wurde; zu ihren Mitgliedern gehörten Araten, Lamas und sogar Adlige.2Von den 225 Mitgliedern im Dezember 1921 gehörten etwa 10 Prozent den feudalen Klassen an. Der Rest waren Araten. Die Probezeit für den Adel und die Lamas war doppelt so lang wie die für die Araten. Siehe R. Bormann »Zur Entstehung und Entwicklung der MRVP in den Jahren von 1918 bis 1940« in Die Mongolische Volksrepublik, Dietz Verlag, Berlin, 1982, S. 46. Die nationale Frage hatte zu dieser Zeit Vorrang vor der sozialen Frage. Die MVP schickte Vertreter ins revolutionäre Russland, um Kontakte zu den Bolschewiki zu knüpfen, denn die sowjetischen Führer waren die einzigen Befürworter der mongolischen Unabhängigkeit gewesen.

Unter dem Kommando der MVP begann die neu gegründete Mongolische Revolutionäre Volksarmee (MRVA), die chinesischen Truppen aus der Mongolei zurückzudrängen. Die Situation wurde noch komplizierter, als der zaristische Baron Roman von Ungern-Sternberg im August 1920 in die Mongolei einmarschierte. Ungern gelang es, die Chinesen im Februar 1921 aus der Hauptstadt zu vertreiben und Bogd Khan als Monarch wieder einzusetzen. Daraufhin startete die MRVA eine Offensive gegen die Weißrussen. Gemeinsam mit der Roten Armee der Sowjetunion gelang es der MRVA im Juli 1921, die Hauptstadt zu befreien, was den Sieg der mongolischen Volksrevolution bedeutete. Eine neue Regierung wurde proklamiert auf Grundlage einer konstitutionellen Monarchie. Die Befugnisse von Bogd Khan wurden auf rein symbolische Akte beschränkt, während die feudalen Steuern und die Gesetze über Leibeigenschaft und Knechtschaft abgeschafft wurden.
Die gerade unabhängig gewordene Mongolei hatte nur 550.000 Einwohner, war aber so groß wie Frankreich, Großbritannien, Spanien und Portugal zusammen. Die große Mehrheit der Bevölkerung lebte als nomadische Hirten in den halbtrockenen Ebenen des Landes.
Der Beginn der »allgemeinen demokratischen Phase« (1921 – 1928)
Vor dem Hintergrund des russischen Bürgerkriegs und der antibolschewistischen Invasion der Westmächte und Japans entbrannte innerhalb der Mongolischen Volkspartei ein massiver und oft gewaltsamer Kampf um die Zukunft der Mongolei. Es kam zu einer Spaltung zwischen den eher konservativen Nationalisten und den Marxisten. Letztere waren im November 1921 nach Moskau gereist, um ein Abkommen zwischen der neuen mongolischen Regierung und der Sowjetunion auszuhandeln. Während ihres Besuchs traf die MVP-Delegation mit Lenin zusammen und bat ihn um Rat, wie die mongolische Revolution voranzutreiben sei. Lenins Antwort an die Delegation trug zur strategischen Ausrichtung der mongolischen Marxisten in den kommenden Jahrzehnten bei:
»Gen. Lenin legte unserer Delegation ausführlich die Idee der Möglichkeit und der Notwendigkeit einer nichtkapitalistischen Entwicklung der Mongolei dar; als wichtigste Voraussetzung für den Übergang zur nichtkapitalistischen Entwicklung bezeichnete er die Intensivierung der Arbeit der revolutionären Volkspartei und der Regierung, damit im Ergebnis dieser Arbeit und des verstärkten Einflusses von Partei und Staatsmacht Genossenschaften heranwachsen und neue Formen der Wirtschaftsführung und der nationalen Kultur Eingang finden, damit sich die Araten zur wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung des Landes um Partei und Regierung zusammenschließen. Erst aus den Inseln der unter dem Einfluss von Partei und Regierung geschaffenen neuen Wirtschaftsform wird sich das neue, nichtkapitalistische Wirtschaftssystem der Araten-Mongolei entwickeln.«
Lenin ermutigte die Mongolen auch, vorsichtig vorzugehen und eine gewisse revolutionäre Geduld zu bewahren. Auf die Frage, ob er der Meinung sei, dass die MVP sich in eine kommunistische Partei umwandeln sollte, antwortete Lenin:
»›Ich würde das nicht empfehlen, weil eine Partei sich nicht in eine andere »verwandeln« kann.‹ Nachdem Gen. Lenin das Wesen der kommunistischen Partei als einer Partei des Proletariats dargelegt hatte, sagte er: ›Die Revolutionäre werden nicht sehr viel an ihrem staatlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufbau arbeiten müssen, bis aus den Hirten eine proletarische Masse entsteht, die später zur »Verwandlung« der revolutionären Volkspartei in eine kommunistische Partei beitragen wird. Ein einfacher Wechsel des Aushängeschilds ist schädlich und gefährlich.‹«3W. I. Lenin, »Unterredung mit einer Delegation der Mongolischen Volksregierung« in Lenin, Werke, Ergänzungsband 1917–1923, Dietz Verlag Berlin 1971, S. 372 f.
1924, nach dem Tod von Bogd Khan, nutzten die Marxisten in der MVP die Gunst der Stunde, um die Oberhand zu gewinnen. Die Regierung erließ ein Dekret, das die Suche nach einer »neuen Inkarnation« des Khans verbot. Auf ihrem 3. Parteitag verkündete die MVP, dass eine revolutionär-demokratische Diktatur der werktätigen Araten unter dem Namen Mongolische Volksrepublik (MVR) errichtet werden sollte. Die Partei erklärte, dass das Land einen Weg der »nichtkapitalistischen Entwicklung« hin zum Sozialismus einschlagen würde. Die MVP wurde in Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP) umbenannt und trat der Kommunistischen Internationale bei. Ein Jahr später, auf dem 4. Parteitag, legte die MRVP den wissenschaftlichen Sozialismus als ihre Leitideologie fest und verabschiedete ein neues Programm, das eine umfassende Strategie vorsah, die demokratische Revolution auf nichtkapitalistischer Grundlage voranzutreiben, bevor sie zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Aufbau des Sozialismus begann.4D. Das, „Die führende Rolle der MRVP während der nichtkapitalistischen Entwicklung der MVR“ in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, Akademie-Verlag, Berlin, 1978, S. 59. Die Partei identifizierte die armen und mittleren Araten als die soziale Kraft, die diesen Prozess vorantreibt: Die Politik der Regierung musste diese Klasse stärken und ihr Bewusstsein fördern.5R. Bormann, S. 49.

Die zentralen Aufgaben in dieser Phase waren demokratischer und antifeudaler Natur. Die MRVP ging zunächst langsam vor, um die ehemals herrschenden Klassen nicht zu verärgern, bevor die Macht der Araten ausreichend gefestigt war. In den ersten vier Jahren wurde eine grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur aufgebaut, wie eine Nationalbank (ein Joint Venture mit der UdSSR), eine neue Währung, ein Postsystem und eine staatliche Handelsgesellschaft.6P. Sukachevin et al., »The Mongolian People’s Republic: Toward a Market Economy«, International Monetary Fund, 1991, S. 4. Kleine Handwerksbetriebe wurden gefördert, ebenso wie die einfache Warenproduktion der Araten. Der Handel und der Binnenhandel wurden vom privaten Sektor dominiert, wobei viele Handelsunternehmen im Besitz von chinesischen und angloamerikanischen Geschäftsleuten waren. Um die Araten zu unterstützen, initiierte die MRVP Pläne zum Bau von Viehschutzzäunen und Heustationen zur Fütterung des Viehs. Die ersten Fabriken wurden mit sowjetischer Hilfe in der Hauptstadt errichtet. Bis 1928 war der Außenhandel mit der UdSSR auf 15 Prozent der Einfuhren und 20 Prozent der Ausfuhren angestiegen.7P. Sukachevin et al., S. 5. Um die Araten in die Verwaltung der Gesellschaft einzubeziehen, wurden in der neuen Verfassung »Churals« (Volksversammlungen) als Organe der Volksmacht eingerichtet.
Der Kampf gegen den Lamaismus und den japanischen Imperialismus (1928 – 1940)
Eine ernste Herausforderung für die Mongolische Revolutionäre Volkspartei war die Rolle des Lamaismus, der Umgang damit gehört zu den umstrittensten Aspekten der mongolischen Revolutionszeit. Um die Haltung der MRVP zum Lamaismus während der allgemeinen demokratischen Phase zu verstehen, muss man sich sowohl die historische Rolle des Klerus in der mongolischen Gesellschaft als auch den internationalen Kontext der 1920er und 1930er Jahre vor Augen führen. Dies war eine Zeit des akuten internationalen Klassenkampfes, in der antikommunistische Kräfte versuchten, die Sowjetunion und die kommunistische Weltbewegung insgesamt zu vernichten. Bis 1926/27 kristallisierten sich zwei direkte Bedrohungen für die mongolische Souveränität heraus: der japanische Imperialismus und die Kuomintang unter Chiang Kai-shek. Diese Entwicklungen zwangen die MRVP und die Komintern zu dem Schluss, dass ein Krieg unmittelbar bevorstand, und zu drastischen Vorbereitungsmaßnahmen. Die Zeit von 1928 bis 1945 war somit eine besonders turbulente Phase der Revolution, in der die MRVP und die Komintern darum kämpften, das zu überwinden, was sie selbstkritisch als ihre eigenen Rechts- und Linksabweichungen in diesem Kampf bezeichneten.
Der Lamaismus war sowohl kulturell als auch wirtschaftlich tief in der mongolischen Gesellschaft verankert. Vor der Revolution von 1921 hatten die Klöster ein Monopol auf das Bildungs- und Gesundheitswesen. In der vorrevolutionären Mongolei gab es nur eine einzige öffentliche Schule mit nur zwei Lehrern und etwa 100 Schülern. Alle anderen Schulen wurden vom Klerus kontrolliert. Der fast absolute Analphabetismus der Araten bedeutete, dass die Kleriker großen Einfluss auf die Massen ausüben konnten. Nur 0,5 Prozent der Gesamtbevölkerung konnten in der Mongolei lesen und schreiben. Die Lehren des Klerus waren ideologisch reaktionär, und darüber hinaus behinderte die lamaistische Doktrin objektiv die wirtschaftliche Entwicklung. Irrationale buddhistische Prinzipien rieten von grundlegenden landwirtschaftlichen Praktiken wie dem Anbau von Feldfrüchten zur Fütterung von Vieh ab, da das Töten von Lebewesen (auch von Pflanzen) angeblich eine Sünde war.

Nichtsdestotrotz waren die Klöster ein bedeutender Wirtschaftsfaktor im Lande. 1918 machte der Besitz des Klerus mehr als 20 Prozent des mongolischen Reichtums aus (der weltliche Adel besaß weitere 25 Prozent). Die Klöster hatten einen großen Teil des Viehbestands des Landes angehäuft und betrieben umfangreiche Handels- und Finanzgeschäfte, die ärmere und mittlere Araten ausbeuteten. Die Gewinne des Klerus wurden nicht produktiv in den Produktionsprozess reinvestiert, sondern sammelten sich einfach in den Klöstern an.
All dies führte dazu, dass die Klöster zu Sammelstellen für die Konterrevolution wurden. Diejenigen, die ihre Privilegien in der Gesellschaft aufrechterhalten oder die Mongolei von innen heraus destabilisieren wollten, fanden in den 700 Klöstern im ganzen Land Mitverschwörer. In den ersten Jahren hatte die MRVP noch zurückhaltend Maßnahmen gegenüber den Klöstern ergriffen und gegenüber den Zehntausenden von Lamas eine flexible Haltung eingenommen. Die extremen lamaistischen Praktiken (z. B. die Leibeigenschaft) wurden sofort verboten, die Klöster aber nicht enteignet oder stark besteuert. Die Zahl der Lamas stieg sogar von 87.300 im Jahr 1925 auf fast 95.000 im Jahr 1928.8J. Sima, „Zur Rolle der Komintern bei der Verteidigung der Generallinie der MRVP Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre“ in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, Akademie-Verlag, Berlin, 1978, S. 241. Zu dieser Zeit konzentrierte sich die MRVP auf die Schaffung einer Infrastruktur in öffentlichem Besitz, um das Monopol der Klöster im sozialen Sektor zu brechen. Es wurden Massenalphabetisierungskampagnen gestartet und bis 1930 im ganzen Land über 120 Schulen gebaut.9U. Schöne, “Die Entwicklung des Volksbildungswesen in der Mongolischen Volksrepublik” in Die Mongolische Volksrepublik, Dietz Verlag, Berlin, S. 171. Die offizielle Trennung von Kirche und Staat wurde 1926 erklärt.

Am Ende des Jahrzehnts hatte sich die internationale Lage erheblich zugespitzt. Chiang Kai-shek begann seinen Angriff auf die chinesischen Kommunisten 1926 mit dem so genannten Kanton-Putsch. Die Kuomintang-Regierung, die ihre Herrschaft über China bis 1928 festigte, weigerte sich, die Mongolei als unabhängigen Staat anzuerkennen. 1927 waren auch japanische Kriegspläne (das so genannte »Tanaka-Memorial«) an die internationalen Medien durchgesickert, aus denen hervorging, dass Tokio die Mongolei und die Mandschurei als Einfallstor für die Übernahme Chinas erobern wollte.
Vor diesem Hintergrund gab es innerhalb der MRVP eine kontroverse Debatte darüber, wie mit der Revolution verfahren werden sollte. Die Parteiführung verfolgte zu dieser Zeit eine gemäßigte Innenpolitik gegenüber dem Adel und strebte eine Annäherung sowohl gegenüber Japan als auch gegenüber dem antikommunistischen China an.10J. Sima, S. 243. Die Position der rechten Führung gegenüber dem Adel brachte der Vorsitzende der MRVP, Tseren-Ochiryn Dambadorj, auf dem 5. Parteitag 1926 zum Ausdruck:
»[D]ie ehemaligen Feudalherren [sind] als politische Kraft innerhalb des Landes eine tote Last, unfähig zum Kampf um die politische Macht. Von ihrer Seite braucht man keine Aktionen gegen die revolutionäre Ordnung zu erwarten. Sie sind politisch tot.«11Ibid., S. 243.
Linke Elemente innerhalb der MRVP wehrten sich gegen diese Linie. Bestimmte Parteizellen, vor allem außerhalb der Städte, forderten rigorosere Initiativen zur Stärkung der Araten und zum Widerstand gegen die überhandnehmende Macht des Adels. Diese Tendenz wurde Mitte der 1920er Jahre als »Chödöö-Opposition« (Opposition der ländlichen Gebiete) bekannt.12Ebd., S. 245. Auf dem nächsten Parteitag 1927 kam es zu einer offenen Konfrontation, als die Führung wegen »prokapitalistischer Tendenzen« kritisiert wurde. Dennoch gelang es der Führung, ihre Position zu verteidigen. Die linke Opposition gab nicht auf und errang auf dem nationalen Gewerkschaftskongress im September 1928 einen ersten Sieg, als sie erfolgreich eine neue Führung wählte. Dem linken Flügel der Massenjugendorganisation gelang dies einige Wochen später ebenfalls. Die Opposition schloss sich dann hinter der so genannten »Plattform der Mitglieder des linken Flügels« zusammen, mit der sie vor das Zentralkomitee der MRVP traten.13Ebd., S. 248.
Angesichts des parteiinternen Konflikts und der sich verschlechternden internationalen Lage begann das Fernostbüro der Komintern 1927, Briefe an die Führung der MRVP zu schicken, in denen sie auf ein anderes Vorgehen drängten. Pavel Mif, der Rektor der Sun-Yat-sen-Universität der Komintern in Moskau, schrieb, die mongolischen Revolutionäre hätten »die feudale politische Ordnung beseitigt, aber nicht die wirtschaftliche Macht der Feudalherren und Kleriker gebrochen«.14Zitiert in H. Piazza, “Die Komintern und die MRVP” in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, Akademie-Verlag, Berlin, 1978, S. 272. Die Führung der MRVP wies diese Analyse zurück und brach die Beziehungen zur Komintern ab. Das Fernostbüro entsandte daraufhin Bohumír Šmeral, einen Mitbegründer der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, als Leiter einer Komintern-Delegation zum 7. Parteitag der MRVP. Šmeral unterstützte energisch das Programm des linken Flügels und versuchte gleichzeitig, deren Anschuldigungen gegen die »rechten Verräter« zu entschärfen.15J. Sima, S. 248. Auf dem Kongress präsentierte er die Analyse der Komintern, die besagte, dass das politische Bündnis mit den feudalen Klassen bis 1924 notwendig gewesen sei, nun aber als überholt angesehen werde. Der Adel habe seine wirtschaftliche Macht bewahren können und nutze sie nun, um die politische Vorherrschaft zurückzugewinnen. Die Mongolei war an einem Scheideweg angelangt: entweder die antifeudale Revolution zu vollenden oder den Feudalherren zu erlauben, die Macht zu behalten und weiterhin mit den Japanern und Chinesen zu konspirieren.
Der Konflikt zwischen den beiden Fraktionen führte dazu, dass sich der 7. Parteitag über anderthalb Monate hinzog. Bei den abschließenden Wahlen gewann der linke Flügel die Mehrheit der Sitze im Zentralkomitee und leitete einen Kurswechsel in der Partei ein. Den Empfehlungen der Komintern folgend, wollte die MRVP nun die ärmeren und mittleren Araten stärken und gleichzeitig die Macht der Wohlhabenden beschneiden. Das Ziel war ein zweifaches: die wirtschaftliche Macht der Feudalherren und Kleriker zu brechen und die Industrialisierung durch die Überwindung unproduktiver feudalistischer Praktiken in der Landwirtschaft rasch zu beschleunigen. Zu diesem Zweck wurden über 700 Güter des weltlichen Adels beschlagnahmt und unter den Araten verteilt. Feudale Besitztümer wurden aufgelöst und das Land verstaatlicht, so dass alle Araten freien Zugang zu Weideland erhielten. Das Transportwesen und der Einzelhandel wurden verstaatlicht, und der Staat verhängte ein Außenhandelsmonopol, um ausländisches Kapital zu vertreiben.16S. Nacagdorz, „Das internationalistische Bündnis der werktätigen Araten mit der Arbeiterklasse des siegreichen Sozialismus – ein entscheidender Faktor der nichtkapitalistischen Entwicklung der MVR“ in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, Akademie-Verlag, Berlin, 1978, pg. 35.
Die Steuergesetze wurden vollständig umgeschrieben, um die ärmeren und mittleren Araten zu entlasten und gleichzeitig die Steuern für die Feudalherren, den Klerus und die reicheren Araten zu erhöhen. Mit diesem neuen Steuersystem sollte auch dem Lamaismus ein Riegel vorgeschoben werden: Durch die Abschaffung der Steuerprivilegien für Lamas wurden junge Mongolen davon abgehalten, sich den Klöstern anzuschließen. Die in den Klöstern konzentrierten riesigen Rinderherden (1926 machten sie 24,5 Prozent des gesamten Viehbestands aus) wurden an die ärmeren Araten umverteilt, die nun auf vertraglicher Basis mit dem Staat die Aufsicht über das Vieh übernehmen konnten.17J. Sima, S. 241. Die Klöster selbst durften jedoch weiterhin als religiöse Einrichtungen fungieren.18W. König, S. 85. Die Gründung von landwirtschaftlichen Genossenschaften wurde stark beschleunigt. Anstatt die bestehenden genossenschaftlichen Strukturen, die auf der direkten gegenseitigen Hilfe unter den Araten basierten (z. B. die Aufteilung der Lasten bei der Heuernte), weiter auszubauen, versuchten die Behörden nun, große Gemeinden zu schaffen, die den Viehbesitz und den Ackerbau umfassend kollektivieren sollten. Gleichzeitig öffnete die MRVP ihre Reihen für eine Vielzahl von Bewerbern.
Diese Politik war eine klare Kampfansage gegen die Ausbeuterklassen in der Mongolei. Obwohl die Neuorientierung als Antwort auf die konterrevolutionären und imperialistischen Bedrohungen formuliert wurde, erwiesen sich das Ausmaß und die Geschwindigkeit der neuen Politik als zu heftig. Die neuen staatlichen Dienste in den Bereichen Verkehr und Einzelhandel waren in aller Eile zusammengewürfelt worden und hatten Mühe, ihre Aufgaben zu bewältigen. Das neue Steuersystem ging nach hinten los, da die reicheren Araten lieber ihr Vieh schlachteten, als die höheren Steuern zu zahlen. Viele ärmere Lamas und Arbeiter standen ohne Einkommen da, nachdem die wirtschaftlichen Aktivitäten der Klöster beschnitten worden waren. Der private Handwerkssektor wurde in seiner Existenz erstickt, obwohl es keine genossenschaftlichen oder staatlichen Strukturen gab, die ihn hätten ersetzen können. Schließlich war auch die Kollektivierung der Landwirtschaft ein Fehlschlag. Die Initiative war durch die »Großen Wende« in der UdSSR inspiriert worden, doch die nationalen Bedingungen in der nomadischen Landwirtschaft der Mongolei unterschieden sich stark von denen in Sowjetrussland. Bis 1930 waren aus den Hunderttausenden von privat geführten Arat-Betrieben über 600 Genossenschaften und Kommunen entstanden.19J. Sima, S. 257. Zeitweise hatten die Behörden mittlere und reichere Araten mit dem Feudaladel gleichgesetzt und den Eintritt in die Kommunen mit administrativen Maßnahmen erzwungen.
Vor diesem Hintergrund breitete sich Unzufriedenheit auf dem Lande aus und konterrevolutionäre Kräfte wurden mobilisierten, um die Situation auszunutzen. Die Unruhen erreichten 1932 ihren Höhepunkt, als wohlhabende Lamas eine Reihe von bewaffneten Aufständen gegen die Regierung anführten. Viele der Aufständischen warben um Anhänger und beriefen sich auf die Unterstützung von tibetischen Lamas und den Japanern. Sie griffen staatliche und genossenschaftliche Einrichtungen an und machten einen Großteil der seit 1924 erzielten Fortschritte zunichte. Der Mongolischen Revolutionären Volksarmee gelang es, die Aufständischen innerhalb weniger Monate zurückzudrängen, doch der wirtschaftliche Schaden war groß.
In selbstkritischer Reflexion der Situation zog die MRVP viele ihrer Maßnahmen von 1928 zurück und machte sie rückgängig. 1932 wurde eine Politik der »Neuen Wende« angekündigt, um die »Linksabweichungen« zu korrigieren und zur »allgemeinen Linie« zurückzukehren, die die MRVP auf ihrem 3. Parteitag im Jahre 1924 beschloss. Auf einer außerordentlichen Plenartagung 1932 kam die Partei zu dem Schluss, dass zu viele Kader eine Linie verfolgt hatten, die davon ausging, in der Mongolei sei ein »sofortiger Übergang zum Sozialismus« möglich; sie hätten »mechanisch die Methoden des sozialistischen Aufbaus kopiert, die in der UdSSR angewandt worden waren«.20Ebd., S. 257. Die Partei habe sich ausschließlich an den ärmsten Araten orientiert und sich von den mittleren und wohlhabenderen Araten isoliert. Um diese Fehler zu korrigieren, ordnete die »Neue Wende« an, die Agrarkommunen aufzulösen und die Privatinitiative der Araten wieder zu fördern. Einige der gegen die Klöster verhängten Beschränkungen wurden aufgehoben. Gleichzeitig wurden die Mitgliederzahlen der MRVP, die sich zwischen 1930 und 1932 vervierfacht hatten, stark reduziert, um die »ultralinke« Öffnung der Partei rückgängig zu machen.21Ebd., S. 260
Diese Maßnahmen trugen zwar zur Stabilisierung der Wirtschaft und der sozialen Lage bei, lösten aber nicht den grundlegenden Widerspruch zwischen dem Lamaismus und der nationaldemokratischen Revolution. 1934 – zehn Jahre nach der Gründung der Volksrepublik – waren immer noch rund 80.000 Lamas in Hunderten von Klöstern in der ganzen Mongolei tätig.22W. König, S. 81. Die MRVP musste eine Lösung für dieses Dilemma finden, denn der organisierte Lamaismus stellte immer noch eine wirtschaftliche und politische Kraft dar, die dem Weg der nichtkapitalistischen Entwicklung entgegenstand.

Mitte der 1930er Jahre verschärften sich die Konflikte auf der Weltbühne weiter. Japan marschierte 1931 in die Mandschurei ein und errichtete einen Marionettenstaat, der bald darauf zu Grenzkonflikten mit der Mongolei führte. Zwei Jahre später erklärten die Faschisten in Deutschland nach ihrer Machtübernahme ihre Absicht, die Sowjetunion zu vernichten. Vor diesem Hintergrund beschloss die MRVP, dass das Land keine Zeit mehr verlieren durfte: Die »allgemeine demokratische Periode« – die eine inhärent unbeständige und daher anfällige Übergangsphase der Revolution darstellte – musste beendet werden. Die Regierung leitete eine massive staatlich gelenkte Industrialisierungsinitiative ein, die zwischen 1933 und 1940 zu einer 22-fachen Steigerung der Industrieproduktion führte.23B. Sirendyb, „Einige Probleme aus der Geschichte der nichtkapitalistischen Entwicklung der MVR zum Sozialismus“ in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, Akademie-Verlag, Berlin, 1978, S. 25. Teil eines umfassenden Vorgehens gegen den Lamaismus war die erneute Erhebung massiver Steuern für die Klöster. Nach dem Einmarsch Japans in China 1937 und den Angriffen auf die Sowjetunion 1938 kam es zu schonungslosen Säuberungen in der MRVP und im Staatsapparat, um angebliche Kollaborateure Japans ins Visier zu nehmen. Ein gewaltsames Vorgehen gegen den Klerus versetzte dem Lamaismus einen endgültigen Schlag. Nur wenige Wochen nach der Einstellung dieser Säuberungen begannen japanische Truppen mit Angriffen auf die Mongolei. In der Schlacht von Chalkhin Gol gelang es den mongolischen und sowjetischen Streitkräften schließlich, die japanischen Invasoren zu besiegen und aus dem Land zu vertreiben.

Ende der 1930er Jahre war die wirtschaftliche und soziale Macht der feudalen Klassen vollständig gebrochen. Die Klöster waren nun vollständig enteignet, und der gesamte Viehbestand befand sich in den Händen der arbeitenden Araten. Die MRVP hatte jedoch aus den Fehlern der späten 1920er Jahre die Schlussfolgerung gezogen, dass die Landwirtschaft für genossenschaftliche Strukturen unterentwickelt war, so dass das Vieh im Privatbesitz der Hirten blieb. Ausländisches Kapital war erfolgreich aus der Wirtschaft verdrängt worden: Während 1926 noch über 60 Prozent der gesamten Exporte der Mongolei von ausländischen Firmen kontrolliert wurden, war dieser Anteil bis 1929 auf 14,5 Prozent gesunken. Ende der 1930er Jahre war das ausländische Eigentum praktisch beseitigt.24J. Sima, S. 241.
Auf ihrem 10. Parteitag 1940, im Schatten des Zweiten Weltkriegs, erklärte die MRVP, dass die im zweiten Parteiprogramm von 1925 festgelegten Aufgaben erfüllt seien: Die allgemeine demokratische Phase sei abgeschlossen und der Weg der nichtkapitalistischen Entwicklung sei nicht mehr umkehrbar.25R. Bormann, S. 53. Es sei eine solide industrielle Basis geschaffen worden und der Anteil der Industrie an der Gesamtproduktion des Landes liege inzwischen bei über 20 Prozent.26W. König, S. 86. Für ein Land, in dem es vor der Revolution praktisch keine Industrie gab, war dies eine bemerkenswerte Leistung der Modernisierung in nur 16 Jahren. Der 10. Parteitag verabschiedete daher ein drittes politisches Programm, in dem die Aufgaben für die kommende Phase des sozialistischen Aufbaus dargelegt wurden. Außerdem wurde der kollektive Charakter der Parteiführung nach der Periode intensiver interner Säuberungen (1937 – 1939) wiederhergestellt. Auf dem 8. Großen Chural (Nationalparlament) 1940 wurde eine neue Verfassung verabschiedet, die die neue Etappe der Revolution und die Veränderung der Klassenstruktur der Mongolei widerspiegelte:
»Die Mongolischer Volksrepublik ist ein unabhängiger Staat der Werktätigen (der Araten-Viehzüchter, der Arbeiter und der Intelligenz), die die imperialistische und feudale Unterdrückung beseitigt und den nichtkapitalistischen Entwicklungsweg des Landes für den Übergang zum weiteren Sozialismus gewährleistet haben.«27D. Sodnomgombo, „Die grundlegenden Veränderungen in der Klassenstruktur der MVR als Ergebnis der Überwindung der sozialen Widersprüche in der Übergangsperiode von Feudalismus zum Sozialismus“ in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, Akademie-Verlag, Berlin, 1978, S. 101.
Die allgemeine demokratische Phase stellte die turbulenteste Periode der mongolischen Revolution dar, und die 1930er Jahre waren zweifellos der Höhepunkt dieses Prozesses, als der Kampf zwischen den Revolutionären und der Aristokratie zu einem regelrechten Klassenkampf eskalierte. In der heute vorherrschenden Geschichtsschreibung wird die Politik der MRVP häufig entkontextualisiert, um das Bild einer unerklärlich tyrannischen Regierungspartei zu zeichnen. Dieser ahistorische Ansatz verharmlost nicht nur die brutale Realität der Feudalherrschaft in der vorrevolutionären Mongolei, sondern ignoriert auch die Rolle, die die säkulare und religiöse Aristokratie bei der aktiven Bekämpfung des sozialen Fortschritts für die werktätigen Araten nach 1921 spielte. Darüber hinaus muss man nur einen Blick nach China werfen – wo der japanische Imperialismus im Schulterschluss mit den kollaborierenden Kräften der Kuomintang Millionen von Zivilisten ausplünderte und abschlachtete –, um zu erkennen, dass die Mongolei in den 1930er Jahren einer sehr realen Bedrohung ausgesetzt war.
Der Lamaismus stellte eine besonders schwierige Herausforderung für die Revolution dar, weil er tief in der mongolischen Gesellschaft verwurzelt war. Es war eine Sache, die wirtschaftliche und politische Macht der religiösen Aristokratie zu brechen, aber es war eine andere, den kulturellen Einfluss des Buddhismus zurückzudrängen. Während die MRVP die öffentliche Infrastruktur (z. B. Schulen, medizinische Einrichtungen usw.) ausbaute, um den Einfluss der Klöster zurückzudrängen, verbot die Regierung in ihrem Bestreben, den Rationalismus zu kultivieren, auch kulturelle Traditionen auf den untersten Ebenen (z. B. das Verbot von Schreinen usw.). Solche Maßnahmen zogen den Widerstand von Teilen der Bevölkerung nach sich. Die Mongolische Volksrepublik war einer von vielen revolutionären Staaten des 20. Jahrhunderts, die mit der Frage rangen, wie man die Revolution im kulturellen Bereich am besten vorantreiben konnte.
Der Aufbau des Sozialismus in der Mongolei (1940 – 1960)
Die Jahre des Zweiten Weltkriegs bedeuteten eine Unterbrechung in der Entwicklung der Mongolei, da die Unterstützung durch die UdSSR versiegte. Die Mongolei finanzierte Militäreinheiten für die sowjetischen Kriegsoperationen und belieferte die UdSSR mit Nahrungsmitteln, Rohstoffen, Kleidung und einer halben Million Militärpferden. Nach der Niederlage des deutschen und japanischen Imperialismus 1945 nahm die MRVP ihre Pläne zum Aufbau des Sozialismus wieder auf. Der erste Fünfjahresplan wurde 1947 ausgearbeitet, wobei der Schwerpunkt auf der Entwicklung der Viehzucht lag. Sie war der bei Weitem größte Wirtschaftszweig und gab damit zunächst das Tempo für alle anderen Bereiche vor. In diesen Jahren befanden sich 90 Prozent des mongolischen Viehbestandes in den Händen einzelner Araten. Die Regierung förderte die Vermehrung des Viehbestands und legte damit gleichzeitig den Grundstein für die spätere Gründung großer landwirtschaftlicher Genossenschaften. Steuervergünstigungen und Kredite trugen dazu bei, die privaten Betriebe der Araten zu fördern.28P. Sukachevin et al., S. 6. Der Staat startete auch Initiativen, um den Zugang zu moderner Technik zu verbessern, und schuf neue Veterinär- und Heuerntestationen.29P. Sukachevin et al., S. 6 and D. Sodnomgombo, S. 106. Am Ende des ersten Fünfjahreszeitraums 1952 war der Viehbestand um fast 9 Prozent gestiegen.30H. Siebeck „Die MVRP – die führende Kraft der sozialistischen Revolution in der MVR (1940 bis zur Gegenwart)“ in Die Mongolische Volksrepublik, Dietz Verlag, Berlin, 1982, S. 56.
In dieser Nachkriegszeit machte auch die Industrie der Mongolei einen bedeutenden Schritt nach vorn: Zwischen 1940 und 1950 stieg die industrielle Bruttoproduktion um 285 Prozent.31D. Sodnomgombo, S. 106. Der Sektor wurde von der Leichtindustrie für die Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dominiert. 1947 entfielen 76 Prozent der Industrieproduktion auf Konsumgüter. Die Partei machte sich nun daran, die Abteilung 1 (die Produktionsbereiche, die neue Produktionsmittel hervorbringen) auszubauen, um das Wachstum der mongolischen Wirtschaft zu beschleunigen. Der Anteil der Industriegüter an der Gesamtproduktion stieg daraufhin von 24,3 Prozent (1947) auf 39,9 Prozent (1957) und schließlich auf 50,9 Prozent (1960). Parallel zur Entwicklung der Schwerindustrie wurde auch die Verkehrsinfrastruktur stark ausgebaut. Die Transmongolische Eisenbahn (1955 fertiggestellt) trug zur Vertiefung der wirtschaftlichen Verbindungen mit der UdSSR und anderen sozialistischen Staaten bei.

Ein zentraler Bestandteil des sozialistischen Aufbaus in der Mongolei war die Umstrukturierung der Landwirtschaft in einen genossenschaftlichen Sektor. Nach den bitteren Lektionen der frühen 1930er Jahre hatte die MRVP nur eine einfache Zusammenarbeit zwischen den Araten gefördert, die als individuelle Kleinproduzenten arbeiteten und ihre Waren auf dem Markt untereinander und an den Staat verkauften. Doch die Bedingungen in der Mongolei hatten sich seither erheblich verändert. Die Industrie hatte große Fortschritte gemacht und 1947 war ein System umfassender Wirtschaftsplanung eingeführt worden. Um den Weg zum Sozialismus weiter zu beschreiten, war es notwendig, sowohl die Landwirtschaft in das Planungssystem zu integrieren als auch eine rationelle Verteilung der Arbeitskräfte einzuführen, von denen ein großer Teil in der ineffizienten Praxis der privaten Viehzucht gebunden war.
In den frühen 1950er Jahren begann die MRVP, die Grundlagen für eine stärkere Zusammenarbeit in der Landwirtschaft zu schaffen indem sie Verwaltungsschulungen und buchhalterische Methoden einführte und Genossenschaften steuerliche Vergünstigungen gewährte.32P. Sukachevin et al., S. 6. Im Laufe des Jahrzehnts wurde deutlich, dass das System der individuellen Kleinproduktion von Waren die mongolische Wirtschaft bremste. Fast während des gesamten Zeitraums zwischen 1941 und 1959 wurden die Planziele für tierische Erzeugnisse nicht erreicht.33D. Sodnomgombo, S. 107. Auf dem 12. Parteitag 1954 führte die MRVP den langsamen Fortschritt in der Landwirtschaft auf die Tatsache zurück, dass die Viehzucht von Hunderttausenden verstreuten Kleinproduzenten betrieben wurde. Diese Produktionsverhältnisse verhinderten die effektive Einführung moderner Technologien und Methoden in der Landwirtschaft. Diese Situation stellte, wie der mongolische Historiker D. Sodnomgombo feststellte, einen »nicht-antagonistischen Widerspruch zwischen den Wirtschaftssektoren« dar.34Ebd., S. 108.
So wurde die Genossenschaftsbewegung 1956 wiederbelebt. Zu diesem Zeitpunkt machten die handwerklich arbeitenden Araten 73,9 Prozent der Bevölkerung aus.35S. K. Roscin, “Der Leninsche Genossenschaftsplan und die Erfahrungen der MVR” in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, Akademie-Verlag, Berlin, 1978, S. 313. Da der Grund und Boden bereits 1928 verstaatlicht worden war, war die zentrale Frage, inwieweit die mongolische Viehzucht und die landwirtschaftlichen Betriebe kollektiviert werden sollten. Bis zum Ende des zweiten Fünfjahresplans 1958 waren über 200.000 private Araten-Betriebe in 700 landwirtschaftlichen Genossenschaften zusammengelegt worden.36S. K. Roscin, “Die sozialistische Landwirtschaft in der MVR“ in Die Mongolische Volksrepublik, Dietz Verlag, Berlin, 1982, S. 96, and P. Sukachevin et al., S. 6. Etwa 70 Prozent des Viehbestands des Landes befanden sich im gemeinsamen Besitz der Genossenschaften und wurden von ihnen betreut, während 24 Prozent weiterhin im Privatbesitz der Genossenschaftsmitglieder waren, die sie für den Eigenbedarf züchten konnten.37Das übrige Vieh war im Besitz staatlicher Betriebe. »Einzelne [Genossenschafts-]Mitglieder durften Vieh besitzen. In den Weidegebieten der Bergsteppe waren zehn Stück Vieh pro Person, bis zu fünfzig Stück pro Haushalt, erlaubt. In den Wüstengebieten waren fünfzehn Tiere pro Person und bis zu fünfundsiebzig Tiere pro Haushalt erlaubt. Private Grundstücke waren auch für [Genossenschafts-]Bauern erlaubt. Siehe S. K. Roscin, »Die sozialistische Landwirtschaft in der MVR«, a.a.O., S. 96 und R. Worden und A. M. Savada, »Mongolia: A Country Study«, GPO for the Library of Congress, Washington, 1989: https://countrystudies.us/mongolia/53.htm Als Mitglieder der Genossenschaften hatten die Araten auch das Recht, ihre eigenen privaten Parzellen zu bewirtschaften.

Die Vollendung der landwirtschaftlichen Genossenschaftsbewegung wurde als ein wichtiger Meilenstein beim Aufbau des Sozialismus in der Mongolei angesehen. Der 13. Parteitag von 1958 kam zu dem Schluss, dass sich das Land »von einem reinen Viehzuchtland in einen agro-industriellen Staat verwandelt« habe.28D. Sodnomgombo, S. 104. Nach einer landesweiten Debatte wurde 1960 eine neue Verfassung verabschiedet, die die Vollendung des nichtkapitalistischen Entwicklungsweges widerspiegelte. Die Volksrepublik wurde nun als »sozialistischer Staat der Arbeiter, der genossenschaftlich organisierten Araten und der arbeitenden Intelligenz« bezeichnet. Entsprechend der Industrialisierung des Landes wuchs der Anteil der Arbeiterklasse sowohl in der Partei als auch in der Nationalversammlung im Verhältnis zum Anteil der Araten in den 1950er Jahren.

Industrialisierung und Kollektivierung hatten erhebliche Auswirkungen auf die mongolische Gesellschaft. Die Zahl der Arbeiter wuchs von nur 14.800 (1940) auf 74.200 (1959), während der Anteil der in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeitskräfte von 90 Prozent (1940) auf 60 Prozent (1960) sank.39D. Sodnomgombo, S. 104, und R. Worden und A. M. Savada. Vor der Revolution von 1921 lebten nur 2 Prozent der mongolischen Bevölkerung in städtischen Gebieten, doch stieg diese Zahl bis 1963 auf über 40 Prozent an.40W. König, S. 32.
Im Vergleich zu den anderen sozialistischen Staaten war die Industrie in der Mongolei noch rudimentär, aber dieser Modernisierungsschub war für den Lebens- und Bildungsstandard im Land von großer Bedeutung. In den 1960er Jahren war das Analphabetentum praktisch beseitigt. Kinder erhielten eine Grundschulausbildung, und Tausende von jungen Mongolen ließen sich zu Ingenieuren, Ärzten, Tierärzten, Wirtschaftswissenschaftlern usw. ausbilden. Umfassende Initiativen im Gesundheitswesen trugen dazu bei, die Hygienestandards zu verbessern und die Menschen gegen vermeidbare Krankheiten zu impfen. Mit der Gründung von landwirtschaftlichen Genossenschaften wurde der Landbevölkerung außerdem ein stabiles Einkommen garantiert, und die Araten hatten Anspruch auf Urlaub und Renten. Diese neuen sozialen Rechte wurden vor dem Hintergrund einer schnell wachsenden Gesellschaft erreicht. Während die Bevölkerungszahl in den Jahrhunderten vor der Revolution im Feudalismus allmählich zurückging, verdoppelte sich die Bevölkerung der Mongolei zwischen 1918 und 1962 von 542.000 auf über 1 Million. Bis zum Ende der sozialistischen Ära 1990 hatte sie sich vervierfacht.
Integration in den RGW (1960 – 1990)
Obwohl die Kollektivierung nicht einfach war, erwies sich die wirtschaftliche Logik der MRVP als gut begründet. Die Integration der Landwirtschaft in eine einheitliche sozialistische Volkswirtschaft schuf die Grundlage für ein beeindruckendes Wirtschaftswachstum in den 1960er Jahren. Die Industrieproduktion pro Kopf stieg im Laufe des 3..und 4..Fünfjahresplans (1962 – 1972) um 240 Prozent. Dies wiederum trug dazu bei, die Mechanisierung der Landwirtschaft voranzutreiben.41G.S. Matveeva, „Die Schaffung der materiell-technischen Basis in der MVR“ in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, Akademie-Verlag, Berlin, 1978, S. 71. Die aus den arbeitsintensiven privaten Viehzuchtbetrieben freigesetzten Araten bildeten nun die Arbeitskräfte für die neuen Industrien.
Ein wichtiger Faktor für die Intensivierung der wirtschaftlichen Entwicklung der Mongolei nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Beziehungen zu den anderen sozialistischen Staaten. Unter Rentabilitätsgesichtspunkten machten die sozialen und klimatischen Bedingungen die Mongolei für ausländische Investitionen unattraktiv. Das Land war zwar reich an Bodenschätzen wie Kupfer und Kohle, doch die Förderung und Verarbeitung erforderte einen erheblichen Kapitalaufwand. Der Mangel an einheimischer Technologie und Fachwissen machte es unmöglich, die Rohstoffindustrie allein aufzubauen. Diese Realität plagt die kapitalistische Mongolei auch heute noch.
In der sozialistischen Periode war es der Volksrepublik jedoch gelungen, sich von der kapitalistischen Weltwirtschaft abzukoppeln und die Abhängigkeit von ausländischem Kapital zu überwinden. 1960 machte der Handel mit dem sozialistischen Block bereits 94 Prozent der mongolischen Exporte und 76 Prozent der Importe aus.42P. Sukachevin et al., S. 6. Die Finanzmittel für die Entwicklung kamen aus dem sozialistischen Block zu sehr günstigen Konditionen. Vor allem aber betrieben die sozialistischen Partner in der Mongolei keine Unternehmen, um den Reichtum des Landes abzuschöpfen, sondern unterstützten stattdessen Unternehmen in öffentlichem Besitz oder Joint Ventures. Dies bedeutete, dass die Produktüberschüsse des Landes planmäßig akkumuliert und in die Wirtschaft reinvestiert werden konnten und somit die industrielle Basis erweitert und sozialer Fortschritt finanziert wurde.
Die sozialistischen Handelsbeziehungen nahmen nach 1962 einen qualitativ neuen Charakter an, als die Mongolei als erster nichteuropäischer Staat der Wirtschaftsgemeinschaft des sozialistischen Blocks, dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), beitrat. Dieser Übergang von bilateralen zu multilateralen Handelsbeziehungen ermöglichte die schrittweise Integration der mongolischen Wirtschaft in die sozialistische internationale Arbeitsteilung. Der darauf folgende geplante Wissens- und Technologietransfer trug dazu bei, die materielle und technische Basis der mongolischen Wirtschaft voranzutreiben. Mit Hilfe der anderen sozialistischen Staaten wurden landwirtschaftliche Komplexe, geologische Laboratorien und Bergbaubetriebe aufgebaut.43Ebd., S. 6.

Im kapitalistischen Welthandel ist es typisch, dass eine industrialisierte kapitalistische Macht Rohstoffe aus einer ehemaligen Kolonie importiert und im Gegenzug Fertigwaren exportiert. Dies dient der Vertiefung von Abhängigkeitsverhältnissen, da die ehemalige Kolonie nicht nur an der Industrialisierung gehindert wird, sondern im Laufe der Zeit auch eine Verschlechterung der Handelsbedingungen erleidet. Die entwickelteren sozialistischen Staaten waren sich dieser Realität bewusst und versuchten nicht einfach, Rohstoffe zu kaufen und Konsumgüter an weniger entwickelte Staaten in Asien und Afrika zu liefern. Vielmehr investierten sie in die Infrastruktur und die verarbeitende Industrie vor Ort (in öffentlichem Besitz oder in Joint Ventures), um die langfristige Entwicklung zu fördern. In der Mongolei lässt sich dieses Muster an der Handelsstruktur der Wirtschaft ablesen. Der Anteil von Maschinen und Ausrüstungen an den Gesamteinfuhren aus der UdSSR stieg von nur 7,9 Prozent im Jahr 1946 auf über 55 Prozent im Jahr 1972.44V.D. Tichomirov „Einige Probleme der ökonomischen Zusammenarbeit der MVR mit den sozialistischen Staaten“ in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, Akademie-Verlag, Berlin, 1978, S. 412. Gleichzeitig stieg die Menge der in die UdSSR exportierten verarbeiteten und halbverarbeiteten Waren drastisch an, während der relative Anteil der Rohstoffexporte zurückging.
Das Ziel des RGW war es, den Entwicklungsstand aller Mitgliedsstaaten anzuheben und anzugleichen. Dies bedeutete jedoch nicht, dass die Wirtschaftsstrukturen der stärker industrialisierten Staaten in den weniger entwickelten Staaten nachgebildet werden sollten. Vielmehr sollten Strukturen entwickelt werden, die den nationalen Gegebenheiten des jeweiligen Staates entsprachen. Auf diese Weise sollte die »sozialistische Wirtschaftsintegration« die Produktivität und das Pro-Kopf-Einkommen in der Breite erhöhen, wobei sich jedes Mitglied auf einen bestimmten Sektor spezialisieren sollte. Als »agro-industrieller Staat« sollte die Mongolei bei der Elektrifizierung und der Verarbeitung von Nahrungsmitteln und tierischen Nebenprodukten (Wolle, Leder, Felle usw.) unterstützt werden. Langfristige Kredite und Joint Ventures halfen beim Bau völlig neuer Verarbeitungsfabriken. Am Ende ihres ersten Jahrzehnts im RGW deckte die Volksrepublik bereits 20 Prozent der Fleisch- und 10 Prozent der Wollimporte des sozialistischen Blocks ab.45Ebd., S. 413. Die geplante wirtschaftliche Integration in den sozialistischen Block trug dazu bei, den Übergang der Mongolei von einem Agrarland zu einem Industriestaat voranzutreiben:

Der Wissens- und Technologietransfer stand im Mittelpunkt der Beziehungen der sozialistischen Staaten zur Mongolei. Bis 1973 hatten rund 17.000 Mongolen eine Ausbildung in der UdSSR erhalten, Tausende weitere studierten in anderen sozialistischen Staaten. Während der RGW in den 1980er Jahren noch eine rudimentäre Form der internationalen Arbeitsteilung darstellte, spielte er eine Schlüsselrolle bei der Förderung der Entwicklung der Mongolei. Das Land verzeichnete in dieser Zeit ein bemerkenswertes Industrialisierungstempo, wobei sich die industrielle Bruttoproduktion zwischen 1960 und 1980 fast versechsfachte.46P. Sukachevin et al., S. 8. Das Anfang der 1960er Jahre einsetzende chinesisch-sowjetische Zerwürfnis hatte zweifellos eine nachteilige Wirkung auf die Wirtschaft der Mongolei. Die politischen Beziehungen zwischen Ulaanbaatar und Peking wurden extrem angespannt, die Mongolei verlor dadurch einen wichtigen Handelspartner direkt an ihrer Grenze. Die Transmongolische Eisenbahn hatte Peking mit der UdSSR verbunden und wesentlich zum Potenzial des RGW beigetragen.

Da die mongolische Planwirtschaft nicht vom kapitalistischen Weltmarkt abhängig war, litt sie nicht unter Rezessionen oder Stagnation und konnte trotz der Ölkrisen, von denen ein Großteil der übrigen Welt betroffen war, kontinuierlich wachsen. Nach der Durchsetzung des Kapitalismus im Jahr 1990 wurde die Mongolei weitgehend deindustrialisiert und wurde immer wieder vom Boom-Bust-Zyklus heimgesucht. Dendev Terbishdagva, der ehemalige stellvertretende Premierminister der Mongolei (2012–2014), erinnerte sich daran:
»Wir haben den Kapitalismus [aus dem Westen] einfach kopiert. Wir haben die nationalen Bedingungen in der Mongolei nicht berücksichtigt: die historische Entwicklung unseres Landes, den nomadischen Sektor in unserer Wirtschaft, die Anzahl der Einwohner und so weiter. Wir haben einfach [den Westen] kopiert. […] Die Unternehmen wurden privatisiert. Das war meiner Meinung nach der erste große Fehler. Viele Mongolen verloren ihre Arbeit. Hochqualifizierte und ausgebildete Menschen landeten auf der Straße. Die Industrien wurden zerstört. Einigen gelang es, Unternehmen zu kaufen und sie ins Ausland zu bringen, wodurch sie sehr reich wurden. Andere verloren alles. In der Mongolei herrschte plötzlich eine große Ungleichheit. […] Auch die Landwirtschaft wurde ruiniert. Vor 1990 haben wir Weizen exportiert. Bis 2000 mussten wir 85 Prozent unseres Weizens aus Japan und den USA importieren. Innerhalb von 10 Jahren haben wir alles ruiniert. Das ist passiert, nachdem wir auf die Berater der Weltbank gehört haben, die in die Mongolei kamen. Sie waren noch nie in unserem Land gewesen. Sie wussten nichts über die Struktur der sozialistischen Gesellschaft und die nomadische Wirtschaft. Das war in Afrika und Lateinamerika nicht anders. Sie sagten uns, dass alles, was wir aufgebaut hatten, ruiniert werden müsse, und am Ende haben sie es sehr gut ruiniert.«47D. Terbishdagva, im Gespräch mit der IFDDR. Juli 2024. Ulaanbaatar.
Die Mongolei und die Strategie der »nichtkapitalistischen Entwicklung« in Afrika und Asien
Die Erklärung der mongolischen Regierung aus dem Jahr 1960, dass das Land den nichtkapitalistischen Entwicklungsweg abgeschlossen habe, fiel mit dem »Jahr Afrikas« zusammen, in dem 17 afrikanische Staaten ihre politische Unabhängigkeit erlangten. Auf der Suche nach Auswegen aus der durch den Kolonialismus verursachten Unterentwicklung waren viele dieser jungen Regierungen daran interessiert, von den Industrialisierungsstrategien der Sowjetunion und anderer sozialistischer Staaten zu lernen. Die Ausgangsbedingungen, mit denen die antiimperialistischen Regierungen in Afrika und Asien nun konfrontiert waren, ähnelten denen, mit denen die MRVP 1921 konfrontiert war: Die ausländische Besatzung hatte die Struktur der Wirtschaft stark verzerrt, und (halb-)feudale Kräfte standen der Industrie und dem sozialen Fortschritt im Weg. 1960 erarbeitete die kommunistische Weltbewegung den theoretischen Rahmen der nichtkapitalistischen Entwicklung und vertrat die Position, dass dieser Weg zum Sozialismus nun auch neuen antiimperialistischen Staaten wie Ägypten, Mali, Guinea und Ghana offen stehe.48Siehe die »Moskauer Erklärung von 1960«, die von 81 kommunistischen und Arbeiterparteien unterzeichnet wurde: https://www.marxists.org/history/international/comintern/sino-soviet-split/other/1960statement.htm
Es stellte sich also die Frage, wie die mongolische Erfahrung nichtkapitalistische Strategien in Afrika und Asien beeinflussen könnte. In der sozialistischen Wissenschaft gab es zunächst zwei divergierende Richtungen: diejenigen, die argumentierten, dass die Erfahrungen der Mongolei ein »Grundmodell« darstellten, dem alle Staaten, die diese Strategie verfolgten, folgen sollten, oder diejenigen, die glaubten, dass diese Erfahrungen für die neu befreiten Staaten keine Bedeutung hatten.49C. Mährdel, „Die Erfahrung der MRVP im revolutionären Prozess nichtkapitalistischer Entwicklung zum Sozialismus und revolutionär-demokratische Parteien der heute sozialistisch orientierten Länder Afrikas: Bemerkungen zu einem historischen Vergleich“ in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, Akademie-Verlag, Berlin, 1978, S. 459. Ende der 1960er Jahre hatte man sich auf eine nuancierte Analyse geeinigt, in der betont wurde, dass es zwar allgemeine Merkmale der nichtkapitalistischen Entwicklung gibt, dass aber die spezifische Politik und das Tempo dieses Prozesses in jedem Staat je nach den nationalen Bedingungen unterschiedlich sein würden. Ein mechanisches Kopieren des politischen Vorgehens würde zu denselben Fehlern führen, die die MRVP Ende der 1920er Jahre gemacht hatte.
Vor diesem Hintergrund trafen sich 1975 Wissenschaftler und politische Kader aus sieben sozialistischen Staaten in Berlin zu einer Konferenz mit dem Titel »Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus: Probleme der Umgehung des kapitalistischen Entwicklungsstadiums«. Sie wurde gemeinsam von der Berliner Humboldt-Universität, der Leipziger Karl-Marx-Universität und dem Zentralrat für Asien‑, Afrika- und Lateinamerikawissenschaften der DDR ausgerichtet. Die Teilnehmer kamen aus der Sowjetunion, der Mongolischen VR, der VR Bulgarien, der DR Vietnam, der VR Polen und der ČSSR. Ihr Ziel war es, die Lehren aus dieser Geschichte zu ziehen und zu verstehen, wie die mongolischen Revolutionäre die besonderen Herausforderungen, denen sie sich gegenübersahen, bewältigten.
Die Teilnehmer waren sich einig, dass der allgemeine Charakter der mongolischen Revolution dem der Revolutionen in vielen afrikanischen und asiatischen Staaten entspreche: national und demokratisch, antiimperialistisch und antifeudal. Bei der Demokratisierung der Gesellschaft und der Wirtschaft hätten diese Staaten mit dem erbitterten Widerstand reaktionärer Kräfte (wie dem Lamaismus in der Mongolei) und äußeren Bedrohungen zu kämpfen. Um die kapitalistischen Verhältnisse zu umgehen oder abzubrechen, müssten die revolutionären politischen Parteien die Staatsmacht sichern und die arbeitenden Massen schrittweise in die Verwaltung der Gesellschaft einbeziehen. Für B. Sirendyb, Professor und Präsident der Akademie der Wissenschaften der Mongolei, gab es vier wichtige Faktoren, die zum Erfolg seines Landes beitrugen:
- Die politische Unterstützung der kommunistischen Weltbewegung und die wirtschaftliche und militärische Hilfe der sozialistischen Staaten
- Die politische Führung der MRVP
- Die demokratische Staatsgewalt des Volkes
- Einbeziehung der Volksmassen in die Lösung der sozialen und wirtschaftlichen Probleme
Der subjektive Faktor war hier der Schlüssel. Die nichtkapitalistische Entwicklung würde sich nicht spontan entwickeln, so wie sich die kapitalistischen Verhältnisse aus dem Feudalismus heraus entwickelten. Dieser komplizierte Weg zum Sozialismus erforderte die Führung einer Partei mit einem wissenschaftlich fundierten Programm. Im Kontext der kolonialen Besatzung und der feudalen Ausbeutung würde diese Partei nicht direkt als Vorhut des Proletariats entstehen, wie es die kommunistischen Parteien in Europa getan hatten. Vielmehr würde sich die Partei im Laufe der Zeit von einer antikolonialen Massenpartei zu einer Avantgarde der Werktätigen entwickeln. Als die Mongolische Volkspartei 1920 gegründet wurde, bestand ihre Mitgliedschaft aus Araten, Klerikern und Adligen. Erst nach einem intensiven Kampf konnte die marxistisch-leninistisch inspirierte Arat-Fraktion den Sieg erringen. Im Laufe weiterer Kämpfe in den folgenden Jahrzehnten entwickelten sich die Partei und die Staatsmacht weiter und nahmen allmählich einen proletarischen Charakter an. In diesem Sinne bemerkte D. Sodnomgombo vom Institut für Geschichte der Mongolei:
»In Verbindung mit der grundlegenden Änderung der Klassenverhältnisse veränderte sich nicht nur das Wesen, sondern auch die Funktion des politischen Überbaus. Ein Beweis dafür ist die Tatsache, daß die revolutionär-demokratische Diktatur der werktätigen Araten in die Diktatur der Arbeiterklasse überging, und die revolutionäre, früher ihrem Wesen nach demokratische Volkspartei in eine Partei marxistisch-leninistischen Typs umgewandelt wurde.«50D. Sodnomgombo, S. 101.
Diese Überlegungen veranlassten den DDR-Wissenschaftler Christian Mährdel zu der Schlussfolgerung, dass sich die antiimperialistischen Regierungen Afrikas in den 1960er Jahren – ganz allgemein betrachtet – in einem ähnlichen Zustand befanden wie die MRVP in den 1920er und 1930er Jahren.51C. Mährdel, S. 466. Doch die Bedingungen, mit denen diese Regierungen konfrontiert waren, waren viel komplexer als die der MRVP. Die sozialistisch orientierten Staaten in Afrika und Asien gehörten häufig zu denjenigen Staaten, die von der UNO als »am wenigsten entwickelte Länder« bezeichnet wurden. Sie waren in weitaus stärkerem Maße in die kapitalistische Weltwirtschaft integriert als die Mongolei in den 1920er Jahren. Ihr Handel und ihre wichtigsten Wirtschaftssektoren wurden von europäischen oder US-amerikanischen Konzernen beherrscht. Gleichzeitig waren die afrikanischen Staaten geografisch vom sozialistischen Block isoliert. Der Einfluss der imperialistischen Mächte war daher weitaus größer. Auch wenn die Teilnehmer der Konferenz diesen Punkt nicht erörterten, ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Komintern – die eine so wichtige Rolle bei der Führung der MRVP gespielt hatte – nach ihrer Auflösung 1943 nie wiederhergestellt wurde.
Die wirtschaftliche und militärische Hilfe der UdSSR für die Mongolische Volksrepublik war von entscheidender Bedeutung. Die transmongolische Eisenbahn stellte eine direkte wirtschaftliche Verbindung zum sozialistischen Block dar. Die antiimperialistischen afrikanischen Staaten hatten dieses Privileg nicht. Sie waren von feindlichen Staaten umgeben, die einen anderen Entwicklungspfad verfolgten. Die Mitgliedschaft im RGW, die die Entwicklung der Mongolei nach 1960 vorantrieb, wurde den sozialistisch orientierten Staaten in Afrika nie gewährt. Der vielversprechendste Kandidat war Mosambik. Als Maputo 1980 den Beitritt zur Organisation beantragte, genoss es große Unterstützung aus Berlin, denn die DDR hatte sich intensiv um engere Wirtschaftsbeziehungen bemüht.52Auf die DDR entfielen 1980 etwas mehr als 8 Prozent der Exporte und 5,5 Prozent der Importe Mosambiks. Siehe P. Vannemann, »Soviet strategy in Southern Africa: Gorbachev’s pragmatic approach«, Hoover Press, Stanford, 1980. Da Ende der 1970er Jahre noch 80 Prozent der mosambikanischen Exporte für den kapitalistischen Weltmarkt bestimmt waren, war dies eine hervorragende Gelegenheit, die neokoloniale Abhängigkeit des Landes vom Westen zu verringern. Doch die anderen osteuropäischen Staaten im RGW stimmten gegen die Aufnahme. Dies lag wahrscheinlich daran, dass die anderen Staaten weniger entwickelt waren als die DDR und zu dieser Zeit bereits mit ihren eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Mosambik blieb nichts anderes übrig, als sich dem Westen zuzuwenden: 1984 trat es dem Internationalen Währungsfonds bei und nahm Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland auf, was seine Abhängigkeit noch weiter vertiefte.
Als die kommunistische Weltbewegung 1920 zum ersten Mal die Möglichkeit eines nichtkapitalistischen Entwicklungsweges formulierte, betonte Lenin, dies würde voraussetzen, dass »die Sowjetregierungen [den ehemaligen Kolonien] ihnen mit allen verfügbaren Mitteln zu Hilfe kommen«.53W. I. Lenin, »Zweiter Kongress der Kommunistischen Internationale« in Lenin, Werke, Band 31, Dietz Verlag Berlin, 1966, S. 232. Dies war der Kern der Sache. Der sozialistische Block war nicht in der Lage – und bis zu einem gewissen Grad auch nicht gewillt –, dieser Verpflichtung nachzukommen. Viele Wissenschaftler betonten auf der Konferenz 1975 immer wieder die Rolle der Hilfe der Sowjetunion für die Entwicklung der Mongolei, aber nur wenige waren bereit, die Grenzen ihres eigenen Weltsystems einzugestehen:
»Auch wenn in unserer Zeit Kraft und Einfluß der sozialistischen Staatengemeinschaft ständig zunehmen, ist die seinerzeit [in der Mongolei] konkret erreichbare allseitige Wirksamkeit heute (und noch für einen längeren Zeitraum) gegenüber den sozialistisch orientierten Kräften in Afrika und Asien noch nicht erreichbar, kann das Herauslösen dieser Länder aus dem System der kapitalistischen Weltwirtschaft so schnell nicht durchgesetzt werden.«54C. Mährdel, S. 460.
Anstatt sich diesem Dilemma zu stellen, gab es eine wachsende Tendenz innerhalb der kommunistischen Weltbewegung, vor ihm zu kapitulieren und das Engagement für den antiimperialistischen Kampf in Afrika und Asien aufzugeben. Dies zeigte sich auch an der Stagnation der Pläne des RGW zur internationalen wirtschaftlichen Integration. Viele sozialistische Staaten in Osteuropa richteten sich in den späten 1970er und 1980er Jahren zunehmend auf die kapitalistische Weltwirtschaft aus. Unkorrigiert kulminierten die politischen Folgen dieser Dynamik in der so genannten Politik des »neuen Denkens« unter Michail Gorbatschow. Unter dem Deckmantel des »Pragmatismus« setzten sich sowjetische Wissenschaftler und Diplomaten wie Karen Brutents und Alexander Jakowlew dafür ein, die sowjetische Unterstützung für sozialistisch orientierte Staaten wie Angola, Mosambik und Afghanistan zu reduzieren.
Fußnoten
[1] W. König, »Mongolei«, Museum für Völkerkunde zu Leipzig, Leipzig, 1967, S. 75.
[2] Von den 225 Mitgliedern im Dezember 1921 gehörten etwa 10 Prozent den feudalen Klassen an. Der Rest waren Araten. Die Probezeit für den Adel und die Lamas war doppelt so lang wie die für die Araten. Siehe R. Bormann »Zur Entstehung und Entwicklung der MRVP in den Jahren von 1918 bis 1940« in Die Mongolische Volksrepublik, Dietz Verlag, Berlin, 1982, S. 46.
[3] W. I. Lenin, »Unterredung mit einer Delegation der Mongolischen Volksregierung« in Lenin, Werke, Ergänzungsband 1917–1923, Dietz Verlag Berlin 1971, S. 372 f.
[4] D. Das, »Die führende Rolle der MRVP während der nichtkapitalistischen Entwicklung der MVR« in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, Akademie-Verlag, Berlin, 1978, S. 59.
[5] Siehe R. Bormann, a.a.O., S. 49.
[6] P. Sukachevin et al., »The Mongolian People’s Republic: Toward a Market Economy«, International Monetary Fund, 1991, S. 4.
[7] Ebd, S. 5.
[8] Siehe J. Sima, »Zur Rolle der Komintern bei der Verteidigung der Generallinie der MRVP Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre« in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, Akademie-Verlag, Berlin, 1978, S. 241.
[9] Siehe U. Schöne, »Die Entwicklung des Volksbildungswesens in der Mongolischen Volksrepublik« in Die Mongolische Volksrepublik, a.a.O., S. 171.
[10] Siehe J. Sima, a.a.O., S. 243.
[11] Ebd., S. 243.
[12] Ebd., S. 245.
[13] Ebd., S. 248.
[14] Zitiert in H. Piazza, »Die Komintern und die MRVP« in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, a.a.O., S. 272.
[15] Siehe J. Sima, a.a.O., S. 248.
[16] Siehe S. Nacagdorz, »Das internationalistische Bündnis der werktätigen Araten mit der Arbeiterklasse des siegreichen Sozialismus – ein entscheidender Faktor der nichtkapitalistischen Entwicklung der MVR« in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, a.a.O., S. 35.
[17] Siehe J. Sima, a.a.O., S. 241.
[18] Siehe W. König, a.a.O., S. 85.
[19] Siehe J. Sima, a.a.O., S. 257.
[20] Ebd., S. 257.
[21] Ebd., S. 260.
[22] Siehe W. König, a.a.O., S. 81.
[23] Siehe B. Sirendyb, »Einige Probleme aus der Geschichte der nichtkapitalistischen Entwicklung der MVR zum Sozialismus« in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, a.a.O., S. 25.
[24] Siehe J. Sima, a.a.O., S. 241.
[25] Siehe R. Bormann, a.a.O., S. 53.
[26] Siehe W. König, a.a.O., S. 86.
[27] D. Sodnomgombo, »Die grundlegenden Veränderungen in der Klassenstruktur der MVR als Ergebnis der Überwindung der sozialen Widersprüche in der Übergangsperiode vom Feudalismus zum Sozialismus« in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, a.a.O., S. 101.
[28] Siehe P. Sukachevin et al., a.a.O., S. 6.
[29] Ebd., S. 6 und D. Sodnomgombo, a.a.O., S. 106.
[30] Siehe H. Siebeck »Die MVRP – die führende Kraft der sozialistischen Revolution in der MVR (1940 bis zur Gegenwart)« in Die Mongolische Volksrepublik, a.a.O., S. 56.
[31] D. Sodnomgombo, a.a.O., S. 106.
[32] Siehe P. Sukachevin et al., a.a.O., S. 6.
[33] Siehe D. Sodnomgombo, a.a.O., S. 107.
[34] Ebd., S. 108.
[35] Siehe S. K. Roscin, »Der Leninsche Genossenschaftsplan und die Erfahrungen der MVR« in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, a.a.O., S. 313.
[36] Siehe S. K. Roscin, »Die sozialistische Landwirtschaft in der MVR« in Die Mongolische Volksrepublik, a.a.O., S. 96 und P. Sukachevin et al., a.a.O., S. 6.
[37] Das übrige Vieh war im Besitz staatlicher Betriebe. »Einzelne [Genossenschafts-]Mitglieder durften Vieh besitzen. In den Weidegebieten der Bergsteppe waren zehn Stück Vieh pro Person, bis zu fünfzig Stück pro Haushalt, erlaubt. In den Wüstengebieten waren fünfzehn Tiere pro Person und bis zu fünfundsiebzig Tiere pro Haushalt erlaubt. Private Grundstücke waren auch für [Genossenschafts-]Bauern erlaubt. Siehe S. K. Roscin, »Die sozialistische Landwirtschaft in der MVR«, a.a.O., S. 96 und R. Worden und A. M. Savada, »Mongolia: A Country Study«, GPO for the Library of Congress, Washington, 1989: https://countrystudies.us/mongolia/53.htm
[38] D. Sodnomgombo, a.a.O., S. 104.
[39] Siehe D. Sodnomgombo, a.a.O., S. 104, und R. Worden und A. M. Savada.
[40] W. König, a.a.O., S. 32.
[41] G.S. Matveeva, »Die Schaffung der materiell-technischen Basis in der MVR« in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, a.a.O., S. 71.
[42] Siehe P. Sukachevin et al., a.a.O., S. 6.
[43] Ebd., S. 6.
[44] Siehe V. D. Tichomirov, »Einige Probleme der ökonomischen Zusammenarbeit der MVR mit den sozialistischen Staaten« in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, a.a.O., S. 412.
[45] Ebd., S. 413.
[46] Siehe P. Sukachevin et al., S. 8.
[47] D. Terbishdagva, im Gespräch mit der IFDDR. Juli 2024. Ulaanbaatar.
[48] Siehe die »Moskauer Erklärung von 1960«, die von 81 kommunistischen und Arbeiterparteien unterzeichnet wurde: https://www.marxists.org/history/international/comintern/sino-soviet-split/other/1960statement.htm
[49] Siehe C. Mährdel, »Die Erfahrung der MRVP im revolutionären Prozess nichtkapitalistischer Entwicklung zum Sozialismus und revolutionär-demokratische Parteien der heute sozialistisch orientierten Länder Afrikas: Bemerkungen zu einem historischen Vergleich« in Der revolutionäre Weg der Mongolischen Volksrepublik zum Sozialismus, a.a.O., 1978, S. 459.
[50] Siehe D. Sodnomgombo, a.a.O., S. 101.
[51] Siehe C. Mährdel, a.a.O., S. 466.
[52] Auf die DDR entfielen 1980 etwas mehr als 8 Prozent der Exporte und 5,5 Prozent der Importe Mosambiks. Siehe P. Vannemann, »Soviet strategy in Southern Africa: Gorbachev’s pragmatic approach«, Hoover Press, Stanford, 1980.
[53] W. I. Lenin, »Zweiter Kongress der Kommunistischen Internationale« in Lenin, Werke, Band 31, Dietz Verlag Berlin, 1966, S. 232.
[54] C. Mährdel, a.a.O., S. 460.