80 Jahre nach dem Sieg über den deutschen Faschismus in Europa stehen weltweit alle Zeichen auf einen erneuten großen Krieg. Es scheint, als bewegten sich erstarkende faschistische Akteure einerseits und eine sich vertiefende politisch-wirtschaftliche Krise andererseits zusehends aufeinander zu. Faschismus liegt in der Luft.
Aus gegebenem Anlass veranstaltet das Zetkin Forum, das auch die Forschungsstelle beherbergt, eine internationale marxistische Konferenz. Denn bereits vor über 100 Jahren begann eine umfassende Debatte unter Marxisten, um das Phänomen des Faschismus zu verstehen. Unsere wissenschaftlich-politische Konferenz will an diese Debatten anknüpfen, Kontroversen, wie die Beziehung zwischen Liberalismus und Faschismus bis in die heutige Zeit verfolgen und mit Historikern und Antifaschisten aus Europa die Tendenz zum Faschismus diskutieren.
Ab jetzt könnt ihr Euch zur Konferenz „Faschismus zurück in Europa?“ online anmelden (20. – 22. Juni in Berlin). Euch erwartet ein intensives und fokussiertes Programm aus Vorträgen und Podien mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, vornehmlich aus Ost- und Westeuropa, um der Frage der konkreten Gefahr des Faschismus auf den Grund zu gehen.
Alle stets aktualisierten Infos zum Programm sowie den Link zur Anmeldung findet ihr hier:
https://zetkin.forum/faschismus/
Neuer Artikel erschienen: „Die Mongolische Volksrepublik: Ein Vorreiter des nichtkapitalistischen Entwicklungswegs“
Im vergangenen Jahr hatten wir die Gelegenheit, viel über die jüngere Geschichte der Mongolei zu lernen. Im Sommer trafen wir uns mit dem ehemaligen Vize-Premierminister der Mongolei, Dendev Terbishdagva, der als junger Student in der DDR lebte. Er erzählte uns von den Errungenschaften und Schwierigkeiten der sozialistischen Periode in der Mongolei und von den vielen Problemen, die die Privatisierung nach 1990 mit sich brachte. Im vergangenen Herbst organisierten wir eine Diskussionsveranstaltung, um in die Geschichte der Mongolei einzutauchen und um über Lehren aus deren Erfahrungen zu sprechen.
Auf der Grundlage der Forschungsarbeit im letzten Jahr haben wir nun einen ausführlicheren Artikel veröffentlicht:
Die 1924 gegründete Mongolische Volksrepublik war nach der Sowjetunion der zweite Staat, in dem die werktätigen Massen ihren ehemaligen Ausbeutern die Macht entrissen und sich an den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft machten. Dennoch war die Mongolei in praktisch jeder Hinsicht noch unterentwickelter als ihr sowjetischer Nachbar im Norden. Das arbeitende Volk war mit der brutalen Feudalherrschaft sowohl des mongolischen Adels als auch der chinesischen Besatzer konfrontiert. Nach der Revolution von 1921 führte die Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP) das Land von einer rückständigen feudal-theokratischen Gesellschaft durch eine Phase der demokratischen Transformation hin zu einer agrarindustriellen sozialistischen Wirtschaft. Bildungs- und Gesundheitsindikatoren bestätigten die massiven sozialen Verbesserungen der Bevölkerung: Die Mongolei war das erste Land in Asien, das erfolgreich eine umfassende Alphabetisierung durchführte und die Lebenserwartung war durchweg höher als in ähnlichen Ländern wie etwa Indien und Nepal.
Die mongolische Erfahrung war insofern einzigartig, als das Land die kapitalistische Entwicklungsphase vollständig umging. Die Volksrepubliken in Osteuropa hatten vor ihrer sozialistischen Periode alle eine kapitalistische Entwicklungsphase durchlaufen. Auch Sowjetrussland hatte dies bis zu einem gewissen Grad getan. Doch in der Mongolei und den zentralasiatischen Sowjetrepubliken wurde ein völlig neuer Weg der so genannten „nichtkapitalistischen Entwicklung“ eingeschlagen. In den 1960er und 1970er Jahren begannen marxistisch-leninistische Theoretiker, sich mit den Erfahrungen der Mongolei zu befassen, in der Überzeugung, dass sich aus dieser Geschichte Entwicklungsstrategien für die ehemaligen Kolonien in Afrika und Asien ableiten ließen. Die Wirtschaft und die sozialen Strukturen dieser neuen unabhängigen Staaten waren durch koloniale Herrschaft und Ausbeutung erheblich deformiert worden. Könnten auch sie den Kapitalismus umgehen und einen Weg zum Sozialismus einschlagen, wie es die Mongolei getan hatte?
Der Artikel gibt einen Überblick über die revolutionäre Periode der Mongolei und zeichnet die Entwicklungsstrategien der mongolischen Marxisten nach 1921 nach. Der Schwerpunkt liegt vor allem auf der frühen „allgemein-demokratischen Phase“ (1921 – 1940), in der die Hauptaufgabe darin bestand, die Macht der einheimischen Feudalklassen zurückzudrängen und sich der imperialistischen Aggression von außen entgegenzusetzen.

Zur Zeit der Revolution machten die nomadischen Hirten über 90 Prozent der Bevölkerung aus, doch der Viehbestand des Landes war in den Händen einer aristokratischen Minderheit konzentriert. Nach Beratung mit den Bolschewiki verkündete die MRVP, dass eine revolutionär-demokratische Diktatur der werktätigen Hirten unter dem Namen Mongolische Volksrepublik (MVR) errichtet werden sollte. Der wissenschaftliche Sozialismus wurde als Leitideologie der Partei festgelegt, und die armen und mittleren Hirten wurden als die soziale Kraft bezeichnet, die den Prozess der nichtkapitalistischen Entwicklung vorantreiben würde.
Eine große Herausforderung für die MRVP war die Frage des Lamaismus. Diese Religion war im 17. Jahrhundert von der mongolischen Aristokratie aus Tibet importiert worden, um ihre Herrschaft über die Hirten zu legitimieren und zu festigen. Bis zum 20. Jahrhundert hatte sich der Lamaismus sowohl kulturell als auch wirtschaftlich tief in der mongolischen Gesellschaft verankert. Vor der Revolution im Jahr 1921 hatten die Klöster ein Monopol auf das Bildungs- und Gesundheitswesen. Der fast absolute Analphabetismus der Hirten bedeutete, dass die Kleriker großen Einfluss auf die Massen ausüben konnten. Nur 0,5 % der Gesamtbevölkerung konnte lesen und schreiben. Die Lehren des Klerus waren ideologisch reaktionär, und darüber hinaus behinderten irrationale buddhistische Prinzipien objektiv die wirtschaftliche Entwicklung.
Die Klöster spielten nicht nur kulturell eine wichtige Rolle, sie waren auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor im Lande. Im Jahr 1918 machte der Besitz des Klerus mehr als 20 Prozent des mongolischen Reichtums aus (der weltliche Adel besaß weitere 25 Prozent). Die Klöster hatten einen großen Teil des Viehbestands des Landes angehäuft und betrieben umfangreiche Handels- und Finanzgeschäfte, die ärmere und mittlere Hirten ausbeuteten. Die Gewinne des Klerus wurden nicht produktiv in den Produktionsprozess reinvestiert, sondern sammelten sich einfach in den Klöstern an.
All dies führte dazu, dass die Klöster zu Kristallisationspunkten für die Konterrevolution wurden. Diejenigen, die ihre Privilegien in der Gesellschaft bewahren oder die Mongolei von innen heraus destabilisieren wollten, fanden in den über 700 Klöstern im ganzen Land Mitverschwörer. Die 1930er Jahre waren daher von einem erbitterten Kampf zwischen den Revolutionären und der weltlichen und geistlichen Aristokratie geprägt. Die drohende direkte Intervention des imperialistischen Japans verschärfte diesen Kampf erheblich, da die konterrevolutionären Klassen in der Mongolei versuchten, mit den Japanern zu kollaborieren, genau wie sie es im benachbarten China taten. Im Artikel wird untersucht, wie die MRVP mit Hilfe der Komintern durch diese besonders turbulente „allgemein-demokratische Phase“ navigierte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Mongolei mit dem Aufbau des Sozialismus. Parallel zur Elektrifizierung des Landes wurde nach und nach eine industrielle Basis geschaffen. Die Industrialisierung veränderte die mongolische Gesellschaft drastisch, da die Arbeiterklasse und die städtische Bevölkerung rasch wuchsen. Die Umstrukturierung der Landwirtschaft in Genossenschaften ermöglichte die Einführung moderner Technologien und Methoden auf dem Lande. Außerdem sicherte sie den Hirten stabile Einkommen, Urlaubstage und Renten. In den 1960er Jahren war der Analphabetismus praktisch beseitigt. Die Kinder erhielten eine Grundschulausbildung, und Tausende junger Mongolen ließen sich zu Ingenieuren, Ärzten, Tierärzten, Wirtschaftswissenschaftlern usw. ausbilden. Umfassende Initiativen im Gesundheitswesen trugen dazu bei, die Hygienestandards zu verbessern und die Menschen gegen vermeidbare Krankheiten zu impfen. Im Vergleich zu den anderen sozialistischen Staaten war die Industrie in der Mongolei noch rudimentär, aber dieser Modernisierungsschub war für den Lebens- und Bildungsstandard des Landes von großer Bedeutung.
Ein wichtiger Faktor für die ausgeprägte wirtschaftliche Entwicklung der Mongolei nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Beziehungen zu den anderen sozialistischen Staaten. Der Volksrepublik war es gelungen, sich von der kapitalistischen Weltwirtschaft abzukoppeln und die Abhängigkeit von ausländischem Kapital zu überwinden. Die Finanzmittel für die Entwicklung kamen aus dem sozialistischen Block zu sehr günstigen Konditionen.
Die sozialistischen Handelsbeziehungen nahmen nach 1962 einen qualitativ neuen Charakter an, als die Mongolei als erster nichteuropäischer Staat dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) beitrat. Der Übergang von bilateralen zu multilateralen Handelsbeziehungen ermöglichte die schrittweise Integration der mongolischen Wirtschaft in die sozialistische internationale Arbeitsteilung. Der darauffolgende planmäßige Wissens- und Technologietransfer trug dazu bei, die materielle und technische Basis der mongolischen Wirtschaft voranzutreiben. Mit Hilfe der anderen sozialistischen Staaten wurden landwirtschaftliche Komplexe, geologische Laboratorien und Bergbaubetriebe aufgebaut. Allmählich wandelte sich die Mongolei von einem Agrarland zu einem Industriestaat:

Bis 1973 hatten rund 17.000 Mongolen eine Ausbildung in der UdSSR absolviert, Tausende weitere studierten in anderen sozialistischen Staaten. Während der RGW in den 1980er Jahren noch eine einfache Form der internationalen Arbeitsteilung darstellte, spielte er eine Schlüsselrolle bei der Förderung der Entwicklung der Mongolei. Das Land verzeichnete in dieser Zeit ein bemerkenswertes Industrialisierungstempo, wobei sich die industrielle Bruttoproduktion zwischen 1960 und 1980 fast versechsfachte.
Die Ankündigung der mongolischen Regierung im Jahr 1960, dass das Land den nicht-kapitalistischen Entwicklungsweg abgeschlossen habe, fiel mit dem „Jahr Afrikas“ zusammen, in dem 17 afrikanische Staaten ihre politische Unabhängigkeit erlangten. Auf der Suche nach Auswegen aus der durch den Kolonialismus verursachten Unterentwicklung waren viele dieser jungen Regierungen daran interessiert, von den Industrialisierungsstrategien der Sowjetunion und anderer sozialistischer Staaten zu lernen. Hier spielte die Mongolei als eine ehemalige Kolonie und feudalgeprägtes Land eine besondere Rolle.
Die Herausforderungen für die afrikanischen Staaten waren in der Tat komplizierter als in der Mongolei. Keiner der Staaten, die den nichtkapitalistischen Weg der Entwicklung eingeschlagen haben, hat sein Ziel erreicht, bevor das sozialistische Lager 1990 zerfiel. Die Stagnation des internationalen Integrationsprozesses im RGW und die Unfähigkeit (oder der Unwille), die afrikanischen Staaten in den RGW aufzunehmen, spielten dabei eine entscheidende Rolle, argumentieren wir.
Die mongolische Erfahrung bietet eine Fülle von Erkenntnissen, aus denen wir heute lernen können. Gerade im Globalen Süden wird derzeit darüber debattiert, wie die übermäßig ausgebeuteten ehemaligen Kolonien dem Neokolonialismus entkommen können. Dies ist eine besonders dringende Frage für die Staaten in Westafrika, die momentan versuchen, den Einfluss des französischen Imperialismus zurückzudrängen. Die Erfolge und Grenzen des RGW geben außerdem Denkanstöße für die aktuelle Diskussion über Wirtschaftsbündnisse jenseits des westlich dominierten IWF und der Weltbank. Wie sieht eine eigenständige Entwicklung aus und wie lässt sie sich mit Spezialisierung und internationaler Arbeitsteilung verbinden?
Artikel: „Unverzichtbarer Widerstand“
Vor 140 Jahren wurde in Berlin die sogenannte Kongo-Konferenz abgeschlossen. Otto von Bismarck hatte die europäischen Kolonialmächte zusammengerufen, um den afrikanischen Kontinent in Einflusssphären für die Ausplünderung aufzuteilen. Anlässlich dieses Jahrestages veröffentlichte die Tageszeitung junge Welt eine Beilage unter dem Titel „(Post-)Kolonialismus“, die sich mit dem aktuellen Kolonialismus-Diskurs in Deutschland beschäftigt. Wir haben einen Artikel beigesteuert, in dem die militärische Unterstützung der BRD und der DDR in Afrika gegenübergestellt wird. Während Bonn seinem NATO-Verbündeten Portugal Waffen für dessen Kolonialkriege in Angola, Mosambik und Guinea-Bissau lieferte, bewaffnete und trainierte die DDR die Befreiungsbewegungen in den Kolonien. Wir untersuchen, wie die SED-Führung allmählich zu der Entscheidung gelangte, dass ostdeutsche Waffen geschickt werden sollten, um die afrikanischen Befreiungsbewegungen zu stärken.

„Mit Formulierungen wie »Honeckers Afrikakorps« versuchen bürgerliche Historiker, die Unterstützung der DDR für bewaffnete Befreiungsbewegungen zu verdrehen, um eine Gleichsetzung mit dem faschistischen Deutschland herzustellen. Abgesehen von der Tatsache, dass NVA-Einheiten niemals zum Kampf im Ausland eingesetzt wurden, stand das sozialistische Deutschland ausdrücklich auf der anderen Seite des Klassenkampfes. Nicht unter deutscher Flagge, sondern unter dem Banner der nationalen Befreiung kamen DDR-Waffen in Afrika und Asien zum Einsatz.“
Artikel: „Zwischen Kollaboration und Konfrontation“
In der Wochenzeitung Unsere Zeit haben wir ebenfalls einen Artikel über die Arbeiten sozialistischer Wissenschaftler zur Frage der Anwendung der politischen Ökonomie in den ehemaligen Kolonien veröffentlicht. Heute reden viele fortschrittliche Kräfte von einem möglichen Aufbruch bisher neokolonial unterdrückter Länder. Können diese Länder – auch wenn sie sich kapitalistisch entwickeln – eine fortschrittliche Rolle auf der Weltbühne spielen? Sind Indien und Brasilien, die sich beide kürzlich aus Chinas Belt and Road Initiative zurückgezogen haben, nicht Paradebeispiele dafür, wie unzuverlässig dieses neue Bündnis gegen den US-geführten Imperialismus ist? Bei der Erörterung solcher Fragen lohnt es sich, zu den Arbeiten sowjetischer und DDR-Wissenschaftler zurückzukehren. Damals widmeten sich ganze Fakultäten dem Studium der Dynamiken in den sogenannten Entwicklungsländern. Im Artikel fasst Matthew die Analyse des sowjetischen Professors Sergej Tjulpanow und des DDR-Professors Herbert Graf zusammen.
Aufruf: Zeitzeugen gesucht
1986 soll der bekannte amerikanische Folk-Sänger Pete Seeger beim Festival des politischen Liedes gemeint haben, „es lohne, bei Springsteen genauer hinzuhören, da passiere heutige USA-konkrete gute Musik“, so heißt es im Begleittext zur im selben Jahr bei AMIGA erschienenen Springsteen-Platte „Born in the USA“. Zwei Jahre später, im Sommer 1988, steht der Rock-Musiker mit seiner Band in Berlin, Hauptstadt der DDR, vor 160.000 Menschen auf der Bühne.
Für einen Dokumentarfilm über das Großereignis ist das Produzententeam auf der Suche nach persönlichen Aufnahmen und Zeitzeuginnen, die das Konzert besuchten oder in die Organisation eingebunden waren. Wenn ihr dabei gewesen seid und von euren Erlebnissen berichten wollt — meldet euch bei Springsteen@passion-pictures.co.uk.