Forschungsbericht: Die Palästina-Solidarität der DDR im Spiegel ihrer Feinde

In Kürze erscheint bei uns ein Aufsatz zum Verhält­nis zwischen der DDR und der paläs­ti­nen­si­schen Befrei­ungs­be­we­gung von Leon Wystrychow­ski. Wir haben den Islam­wis­sen­schaft­ler und Autor gebe­ten uns vorab einen Über­blick über den Forschungs­stand und die verfüg­bare Lite­ra­tur zum Thema zusam­men­zu­stel­len und die Lücken zu iden­ti­fi­zie­ren, an denen weiter­hin notwen­dige Arbeit aussteht.

Im Jahr 2020 verlegte die Bundes­zen­trale für poli­ti­sche Bildung das Buch „Uner­klärte Kriege gegen Israel“ von Jeffrey Herf über die „isra­el­feind­li­che“ Poli­tik sowohl der DDR als auch der west­deut­schen Linken zwischen 1967 und 1989. Im Vorwort bemän­gelt der Autor u. a., dass „das Ausmaß der Aufmerk­sam­keit“ in der BRD „den west­deut­schen Terror­or­ga­ni­sa­tio­nen“ gegen­über „im Vergleich zu der Aufmerk­sam­keit für das DDR-Regime umge­kehrt propor­tio­nal zu ihrem Einfluss auf die Ereig­nisse im Nahen Osten“ stün­den. Denn durch die Unter­stüt­zung des sozia­lis­ti­schen Lagers, einschließ­lich der DDR, seien „weit mehr Ressour­cen in den bewaff­ne­ten Kampf gegen Israel“ geflos­sen, „als es der PLO auch nur im Ansatz möglich gewe­sen wäre.“ Ange­sichts der „umfang­rei­chen Waffen­lie­fe­run­gen, die aus der DDR an die paläs­ti­nen­si­schen Terror­or­ga­ni­sa­tio­nen geschickt wurden“, auf der einen und der Praxis der DDR-Führung, „Israel furcht­ba­rer Verbre­chen anzu­kla­gen“, auf der ande­ren Seite, wirft Herf die Sugges­tiv­frage auf, „ob das ostdeut­sche Regime womög­lich die zweite anti­se­mi­ti­sche Dikta­tur im Deutsch­land des 20. Jahr­hun­derts war“.1 Damit ergänzt er das in der BRD verbrei­tete Narra­tiv der „beiden deut­schen Dikta­tu­ren“ um das Attri­but „anti­se­mi­tisch“.

Herf ist aber nicht der erste, der mit derlei „Fragen“ um sich wirft. 1999 trug Hannes Stein in seinem Aufsatz „Die DDR, das Dritte Reich und Israel“ deut­lich dicker auf, als er rheto­risch „fragte“: „Wünschte die SED-Führung ein Ausch­witz am Mittel­meer?“2 Weni­ger an jeder Reali­tät vorbei, aber von densel­ben Grund­an­nah­men ausge­hend, fragt wiederum Matthias Beng­t­son-Kral­lert in der Einlei­tung seiner 2017 erschie­ne­nen Studie mit dem bezeich­nen­den Titel „Die DDR und der inter­na­tio­nale Terro­ris­mus“, ob die DDR eher aus Idea­lis­mus oder mehr noch aus Prag­ma­tis­mus so böse war: „Musste der SED-Staat aufgrund des gemein­sa­men ideo­lo­gi­schen Fein­des, dem für Impe­ria­lis­mus stehen­den Westen, nicht zwangs­läu­fig mit links­extre­men Kräf­ten des west­deut­schen und arabi­schen Terro­ris­mus sympa­thi­sie­ren bezie­hungs­weise zusam­men­ar­bei­ten? Oder galt hier für Ost-Berlin viel­mehr die noch einfa­chere Maxime, der Feind meines Fein­des ist mein Freund‘?“3

Neben derlei Fragen gehö­ren auch hypo­the­ti­sche Über­le­gun­gen zum rheto­ri­schen Reper­toire derje­ni­gen, die die Paläs­ti­na­so­li­da­ri­tät der DDR gerne als Zusam­men­ar­beit zwischen „Unrechts­staat“ und „Dikta­tur“ auf der einen und „Terro­ris­ten“ auf der ande­ren Seite darstel­len möch­ten. So erklärt Herf etwa im Brust­ton der Über­zeu­gung: Hätten die sozia­lis­ti­schen Länder statt der PLO Israel unter­stützt und „[w]ären die arabi­schen Staa­ten und die Paläs­ti­nen­ser­or­ga­ni­sa­tio­nen gedrängt worden, einer Kompro­miss­lö­sung mit Israel zuzu­stim­men, dann gäbe es jetzt womög­lich einen blühen­den paläs­ti­nen­si­schen Staat und eine Region, die Besse­res zu tun hätte, als verhee­rende Bürger­kriege zu führen und anti­se­mi­ti­sche Verschwö­rungs­theo­rien bezüg­lich Israel immer und immer wieder aufzu­ko­chen.“4 Auch hier greift Herf ein mitt­ler­weile verbrei­te­tes Narra­tiv auf –  nämlich das, wonach Gaza ohne die Hamas wahl­weise ein „zwei­tes Singa­pur“, „Hong Kong“ oder „Dubai“ sein könne – und lastet einen Teil der „Schuld“ des paläs­ti­nen­si­schen Elends den sozia­lis­ti­schen Staa­ten an, die die Araber und Paläs­ti­nen­ser in ihrer „Barba­rei“ und ihrem „Anti­se­mi­tis­mus“ bestärkt hätten.

Forschungsstand

Wie diese weni­gen von insge­samt sehr vielen Beispie­len verdeut­li­chen, ist das Thema „DDR und Paläs­tina“ also durch­aus nicht nur akade­mi­scher oder histo­ri­scher Natur, sondern im Gegen­teil hoch­ak­tu­ell und poli­tisch. Die Lite­ra­tur zum Thema ist entspre­chend gefärbt – und zugleich noch sehr über­sicht­lich. Die beiden oben ange­führ­ten Bücher von Beng­t­son-Kral­lert und Herf sind zwei von insge­samt nur vier zentra­len und umfas­sen­den Arbei­ten zum Thema. Die beiden ande­ren stam­men von Lutze Maeke und Ange­lika Timm.

Im Gegen­satz zum für seinen Neokon­ser­va­ti­vis­mus und Zionis­mus bekann­ten Herf und zu Beng­t­son-Kral­lert, der 1975 in der DDR gebo­ren wurde und sich nach eige­ner Aussage „noch bis ins 14. Lebens­jahr den tägli­chen Mängeln, Tücken und Schi­ka­nen des SED-Unrechts­staa­tes ausge­setzt sah“,5 kann man bei Timm von einer Art „kritisch-soli­da­ri­schen“ Aufar­bei­tung spre­chen. Timm war in der DDR als Arabi­stin am Insti­tut für Asien- und Afri­ka­wis­sen­schaf­ten der Humboldt-Univer­si­tät zu Berlin tätig; von 2009 bis 2015 leitete sie das Tel Aviver Büro der Links­par­tei-nahen Rosa-Luxem­burg-Stif­tung. Ihr Buch „Hammer, Zirkel, David­stern“ erschien 1997. Es ist die erste umfas­sende Studie zum Verhält­nis zwischen der DDR und Israel. Zwar verteu­felt Timm die DDR nicht und spricht sich für eine diffe­ren­zierte Sicht auf sie aus. Auch weist sie den pauscha­len Vorwurf, die Nahost-Poli­tik der DDR sei anti­se­mi­tisch gewe­sen, zurück. Doch über­nimmt sie auch schein­bar unhin­ter­fragt viele der gängi­gen Vorwürfe, die spätes­tens seit den 1990er Jahren einhel­lig aus dem „demo­kra­tisch-sozia­lis­ti­schen“ Spek­trum gegen die DDR erho­ben werden. Konkret etwa den „erstarrende[n], von der SED verwaltete[n] Anti­fa­schis­mus“, die Nicht(an)erkennung der „Singu­la­ri­tät“ des Holo­caust oder die „Negie­rung einer gesamt­deut­schen Verant­wor­tung für die Schoah“.6

Das von ihr bereits im Unter­ti­tel ihres Buchs ausge­stellte Attest über das „gestörte Verhält­nis der DDR zu Israel“ geht von der Prämisse aus, dass ein „norma­les“ Verhält­nis zu Israel gebo­ten sei. Dem steht aller­dings die Sicht der aller meis­ten Menschen im Nahen und Mitt­le­ren Osten, einschließ­lich der Paläs­ti­nen­ser, entge­gen, die eine „Norma­li­sie­rung“ der Bezie­hun­gen ihrer eige­nen Staa­ten zu Israel ableh­nen. Eine Ausein­an­der­set­zung mit den von der zionis­ti­schen bzw. israe­li­schen Führung und ihren bewaff­ne­ten Kräf­ten began­ge­nen ethni­schen Säube­run­gen, Angriffs­krie­gen und Massa­kern nimmt Timm nicht vor, geschweige denn eine Unter­su­chung des (siedler)kolonialistischen Charak­ters Isra­els. Ohne eine Analyse und Beur­tei­lung dieser Aspekte wird der Staat Israel in Timms Darstel­lung zum verkann­ten und verteu­fel­ten Objekt der DDR-Poli­tik und ‑Propa­ganda. Als „normal“ gelten ihr offen­bar die Waffen­lie­fe­run­gen der Tsche­cho­slo­wa­kei in der Zeit des „hoff­nungs­vol­len Anfangs“, wie Timm die Bezie­hun­gen zwischen den osteu­ro­päi­schen Staa­ten und Israel bis etwa 1950 nennt, mit denen die zionis­ti­schen Mili­zen 1947–49 rund 800.000 Paläs­ti­nen­ser vertrie­ben. Oder der Beschluss der Volks­kam­mer vom 22. Juli 1990, der die Zustim­mung der DDR zur UNO-Reso­lu­tion Nr. 3379 von 1975, in der der Zionis­mus als Form des „Rassis­mus und der Rassen­dis­kri­mi­nie­rung“ bezeich­net wurde,7 zurück­nahm und den Timm als „acht­ba­ren Schluß­stein“ der Abwick­lung der Nahost-Poli­tik der DDR bezeich­nete.8

Maekes Studie zu „DDR und PLO“ entstand zwischen 2002 und 2015 als Disser­ta­tion, die anschlie­ßend gekürzt und aktua­li­siert veröf­fent­licht wurde. Der Autor nimmt für sich in Anspruch, als erster „jenseits der propa­gier­ten abso­lu­ten Einig­keit und Harmo­nie zwischen Ost-Berlin und Jassir Arafat Kontro­ver­sen und poli­ti­schen Konflik­ten nach[zuspüren].“9 Das tut er vor allem anhand von inter­nen Doku­men­ten, was durch­aus einige inter­es­sante Ergeb­nisse bzw. Einschät­zun­gen zutage fördert. Aller­dings sind diese mitun­ter mit Vorsicht zu betrach­ten, da seine Inter­pre­ta­tio­nen, etwa in Bezug auf die vermeint­li­che Abwen­dung der DDR-Führung von der PLO-Spitze um Arafat Anfang der 1980er Jahre, teil­weise im Wider­spruch zu ande­ren Quel­len stehen. Auch geht Maeke, der sich dabei auf die Magis­ter­ar­beit des CDU-Poli­ti­kers Denis Engel­le­der stützt, von einer star­ken Prägung der Fatah durch die Muslim­bru­der­schaft aus; eine Einschät­zung, der ihm zufolge auch die poli­ti­sche Führung in der DDR anhing, der aber die Poli­tik­wis­sen­schaft­le­rin und Fatah- wie Hamas-Exper­tin Helga Baum­gar­ten vehe­ment wider­spricht.10

Neben diesen vier Werken sind einige kürzere Texte zu erwäh­nen: Bereits 1995 wurde in der Zeit­schrift Orient von Ziad Mouna eine erste Über­blicks­dar­stel­lung zur Bezie­hung zwischen der DDR und der PLO vorge­legt. Es handelt sich zugleich auch um einen der weni­gen Texte, in denen ein Paläs­ti­nen­ser sich ausführ­lich zu diesem Thema äußert. Die paläs­ti­nen­si­sche Perspek­tive zeigt sich nicht zuletzt darin, dass der Autor seine eigene Sympa­thie und Dank­bar­keit für die DDR nicht verhehlt, ohne dabei jedoch zu beschö­ni­gen. Eine Kritik seiner­seits etwa ist, dass die DDR-Führung genuin paläs­ti­nen­si­sche poli­ti­sche Analy­sen und Posi­tio­nen in der Presse und der Lite­ra­tur unter­drückt habe, aus Sorge, bestimmte arabi­sche Staa­ten zu brüs­kie­ren.11 Eine Schwä­che des Textes ist in jedem Fall, dass er weit­ge­hend auf Belege verzich­tet. Außer­dem stützt er sich ausschließ­lich auf veröf­fent­lichte, nicht aber auf interne Doku­mente. Daher handelt es sich um eine wich­tige, aber auch mit Vorsicht zu genie­ßende Mischung aus Hinter­grund­text und Zeitzeugenbericht.

Vier Jahre später erschien in der APuZ ein Arti­kel von Klaus Polkehn. Weil der Autor in der DDR als Jour­na­list tätig und auch noch nach 1990 in der Deutsch-Arabi­schen Gesell­schaft aktiv war, handelt es sich bei seinem Arti­kel quasi um das ostdeut­sche Gegen­stück zu Mounas Text: Auch Polkehn mischt belegte Aussa­gen mit solchen, die nach­zu­wei­sen er schein­bar für nicht notwen­dig hält oder es aufgrund der damals dünnen Quel­len- und Lite­ra­tur­lage schlicht nicht konnte, sowie mit eige­nen Erfah­run­gen. Wieder­holt weist er dabei DDR-feind­li­che Aussa­gen und Propa­ganda bundes­deut­scher Akteure zurück, ohne dabei jedoch auf eigene kriti­sche Töne zu verzich­ten, wenn er etwa vom „engen Korsett des Freund­schafts­ko­mi­tees“ spricht, das die Selbst­stän­dig­keit der Soli­da­ri­täts­ar­beit in der DDR einge­schränkt habe.12 Vorgeb­lich um Sach­lich­keit bemüht, jedoch von seiner inhalt­li­chen wie sprach­li­chen Stoß­rich­tung eindeu­tig DDR- wie paläs­ti­nen­ser­feind­lich ist der Aufsatz von Amélie Regnauld aus dem Jahr 2014.13 Sie stützt sich dabei vor allem auf Archiv-Quel­len und kaum auf die bereits damals exis­tie­rende Fach­li­te­ra­tur. Der Aufsatz erschien in einem in deut­scher Spra­che veröf­fent­lich­ten Sammel­band zum Verhält­nis „Deutsch­land und Israel/Palästina”, der im Rahmen einer Tagung an der Univer­si­tät Paris Nanterre entstand und entspre­chend vor allem fran­zö­si­sche Autoren versam­melt. Die Autorin legte 2016 ihre Disser­ta­tion zur Ägyp­ten-Poli­tik der DDR zwischen 1969 und 1989 auf Fran­zö­sisch vor. Ihre Veröf­fent­li­chun­gen fanden bislang aller­dings keinen Eingang in die deut­sche Literatur.

Die umfang­rei­che Studie von Klaus Stork­mann zur Mili­tär­hilfe der DDR für den Trikont von 2012 trägt grund­le­gende Infor­ma­tio­nen zur „nicht­zi­vi­len Hilfe“ Ostdeutsch­lands für die paläs­ti­nen­si­sche Befrei­ungs­be­we­gung zusam­men.14 Weitere Bücher und Aufsätze von Autoren verschie­de­ner Couleur mit verschie­de­nen Schwer­punk­ten (Nah- und Mittel­ost­po­li­tik der DDR, Handels­po­li­tik zwischen Israel und der DDR, Juden und Anti­se­mi­tis­mus in der DDR, usw.) strei­fen das Thema „DDR und Paläs­tina“ auf die eine oder andere Weise. Erin­ne­run­gen von und Inter­views mit ehema­li­gen Diplo­ma­ten, Geheim­dienst­lern und Soli­da­ri­täts-Akti­vis­ten aus der DDR wie auch von und mit Paläs­ti­nen­sern, die in irgend­ei­ner Weise Bezug zur DDR hatten, geben zwar häufig inter­es­sante Einbli­cke, sind aber doch meist eher anek­do­ten­haft, ober­fläch­lich und teil­weise augen­schein­lich stark vereinfachend.

Aus der DDR selbst gibt es so gut wie keine Aufar­bei­tung der eige­nen Bezie­hungs­ge­schichte zu Paläs­tina und zur paläs­ti­nen­si­schen Befrei­ungs­be­we­gung. Einzige Ausnahme ist eine 1984 von Wolf­gang und Ange­lika Bator heraus­ge­ge­bene Quel­len­samm­lung zur Poli­tik der DDR gegen­über den arabi­schen Staa­ten. Neben öffent­li­chen Verlaut­ba­run­gen von verschie­de­nen Insti­tu­tio­nen und Vertre­tern der DDR zur Paläs­ti­na­frage geht es in der 15-seiti­gen Einlei­tung auf immer­hin zwei­ein­halb Seiten um Paläs­tina. Dabei beschei­ni­gen die beiden Autoren der DDR, „von Anfang an […] beharr­lich und konse­quent für eine fried­li­che Lösung und die Verwirk­li­chung der Rechte des paläs­ti­nen­si­schen Volkes“ einge­tre­ten zu sein.15 Eine Geschichte der Bezie­hun­gen zwischen DDR und PLO schrei­ben sie aller­dings nicht, sondern nennen von Ostber­lin vertre­tene Posi­tio­nen (Zwei­staa­ten­lö­sung, Ableh­nung von sepa­ra­ten Frie­dens­ab­kom­men, Stopp der Waffen­lie­fe­run­gen an Israel etc.) und zählen wich­tige Daten (Reso­lu­tio­nen, Partei­tage, Aner­ken­nun­gen) sowie Beispiele für Soli­da­ri­täts­ak­ti­vi­tä­ten (im Rahmen der UNO, des Soli­da­ri­täts­ko­mi­tees der DDR usw.) auf.

Aufarbeiten und aneignen

Dieser Über­blick zeigt: Es gibt einer­seits bereits einige wich­tige und unver­zicht­bare Forschungs­an­läufe zum Thema DDR und Paläs­tina. Diese sind aber zumeist von der vorherr­schen­den Anti-DDR-Haltung einer­seits und der – in letz­ter Zeit mindes­tens genauso verbrei­te­ten, aller­dings derzeit umso aggres­si­ve­ren – Islam‑, Araber- und Paläs­ti­nen­ser­feind­lich­keit sowie „Isra­el­freund­lich­keit“ ande­rer­seits deut­lich geprägt, wenn auch in unter­schied­li­cher Weise. Allein das macht eine eigen­stän­dige Quel­len­for­schung notwen­dig, wenn man diesen Narra­ti­ven nicht folgen will. Hinzu kommen objek­tive Lücken in der Lite­ra­tur, etwa was gewisse Statis­ti­ken (Anzahl paläs­ti­nen­si­scher Studie­ren­der oder auch Hilfs­lie­fe­run­gen an die PLO) angeht. Außer­dem fällt auf, dass arabi­sche Quel­len bislang so gut wie gar nicht in die Forschung einbe­zo­gen wurden. Auch die Zeit­zeu­gen­be­richte sind in ihrer Menge gering und in ihrer Syste­ma­tik oft unbe­frie­di­gend. Neben der Real­po­li­tik gibt es noch eine weitere Baustelle: der Paläs­tina-Diskurs in der DDR, und zwar sowohl in der öffent­li­chen Bericht­erstat­tung als auch in der wissen­schaft­li­chen Lite­ra­tur. Es gibt also viel zu tun.

Der in Kürze erschei­nende Text zur Paläs­ti­na­po­li­tik der DDR kann diese Lücken nicht schlie­ßen. Er stützt sich auf die hier ange­führ­ten sowie auf weitere Forschungs­ar­bei­ten, Arti­kel, Zeit­zeu­gen­be­richte und Doku­mente und soll anhand bekann­ter Fakten einen ersten Über­blick über die Genese der Paläs­tina-Poli­tik der DDR geben, einen Eindruck von deren Errun­gen­schaf­ten – gerade auch im Vergleich zur Poli­tik der BRD – wie auch Proble­men vermit­teln und damit eine Grund­lage für weitere Ausein­an­der­set­zun­gen legen.

[1] Jeffrey Herf: Uner­klärte Kriege gegen Israel. Die DDR und die west­deut­sche radi­kale Linke, 1967–1989, Bundes­zen­trale für poli­ti­sche Bildung 2020, S. 11 f., 23 f.

[2] Hannes Stein, Die DDR, das Dritte Reich und Israel, in: Die poli­ti­sche Meinung (1999), zitiert nach: Klaus Polkehn: Die DDR und Paläs­tina, in: APuZ 38/1999, https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/archiv/539038/die-ddr-und-palaestina/.

[3] Matthias Beng­t­son-Kral­lert: Die DDR und der inter­na­tio­nale Terro­ris­mus, Tectum 2017, S. 19.

[4] Herf: Uner­klärte Kriege, S. 13.

[5] Ebd. S. 16.

[6] Ange­lika Timm: Hammer, Zirkel, David­stern. Das gestörte Verhält­nis der DDR zu Zionis­mus und Staat Israel, Bouvier-Verlag 1997, S. 387 f., 392.

[7] A/RES/3379(XXX), https://digitallibrary.un.org/record/189598?v=pdf.

[8] Timm: Hammer, Zirkel, David­stern, S. 358.

[9] Lutz Maeke: DDR und PLO. Die Paläs­ti­na­po­li­tik des SED-Staa­tes, De Gruy­ter 2017, S. 10.

[10] Gespräch vom 29.11.2024.

[11] Ziad Mouna: The Pales­tine Libe­ra­tion Orga­ni­sa­tion and the German Demo­cra­tic Repub­lic, in: Orient 36 (1995), S. 105.

[12] Polkehn: Die DDR und Palästina.

[13] Amélie Regnauld: Ost-Berlin und die paläs­ti­nen­si­schen Bewe­gun­gen 1967–1989: „terro­ris­ti­sche Kollu­sion“ oder anti-impe­ria­lis­ti­sche Part­ner­schaft? Multi­la­te­rale Bezie­hun­gen zwischen Ideo­lo­gie, Wirt­schafts­in­ter­es­sen und Real­po­li­tik, in: Katja Schu­bert / Laurence Guillou (Hg.): Deutsch­land und Israel/Palästina von 1945 bis heute, Königs­hau­sen & Neumann 2014, S. 105–18.

[14] Klaus Stork­mann: Geheime Soli­da­ri­tät. Mili­tär­be­zie­hun­gen und Mili­tär­hil­fen der DDR in die „Dritte Welt“, Ch. Links 2012.

[15] Wolf­gang Bator / Ange­lika Bator (Hg.): Die DDR und die arabi­schen Staa­ten. Doku­mente 1956–1982, Staats­ver­lag der DDR 1984, S. 48.